Sonntag, 11. Januar 2009
Friedrich Gottlieb Klopstock — Der Eislauf (1764)
DER EISLAUF

Begraben ist in ewige Nacht
Der Erfinder großer Name zu oft!
Was ihr Geist grübelnd entdeckt, nutzen wir;
Aber belohnt Ehre sie auch?

Wer nannte dir den kühneren Mann,
Der zuerst am Maste Segel erhob?
Ach, verging selber der Ruhm dessen nicht,
Welche dem Fuß Flügel erfand!



























Und sollte der unsterblich nicht sein,

Der Gesundheit und Freuden erfand,
Die das Roß, mutig im Lauf, niemals gab,
Welche der Reih'n selber nicht hat!

Unsterblich ist sein Name dereinst!
Ich erfinde noch dem schlüpfenden Stahl
Seinen Tanz! Leichteres Schwungs fliegt er hin,
Kreiset umher, schöner zu sehn.

Du kennest jeden reizenden Ton
Der Musik, drum gib dem Tanz Melodie!
Mond und Wald höre den Schall ihres Horns,
Wem die des Flugs Eile gebeut!

O Jüngling, der den Wasserkothurn
Zu beseelen weiß, und flüchtiger tanzt,
Laß der Stadt ihren Kamin! Komm mit mir,
Wo des Kristalls Ebne dir winkt!

Sein Licht hat er in Düfte gehüllt;
Wie erhellt des Winters werdender Tag
Sanft den See! Glänzenden Reif, Sternen gleich,
Streute die Nacht über ihn aus!

Wie schweigt um uns das weiße Gefild!
Wie ertönt vom jungen Froste die Bahn!
Fern verrät deines Kothurns Schall dich mir,
Wenn du, dem Blick, Flüchtling enteilst.

Wir haben doch zum Schmause genug
Von des Halmes Frucht? und Freuden des Weins?
Winterluft reizt die Begier nach dem Mahl;
Flügel am Fuß reizen sie mehr!

Zur Linken wende du dich! ich will
Zu der Rechten hin halbkreisend mich drehn.
Nimm den Schwung, wie du mich ihn nehmen siehst:
Also! nun fleug schnell mir vorbei!

So gehen wir den schlängelnden Gang
Am dem langen Ufer schwebend hinab.
Künstle nicht! Stellung, wie die, lieb ich nicht,
Zeichnet dir auch Preisler nicht nach.

Was horchst du nach der Insel hinauf?
Unerfahrne Läufer tönen dort her!
Huf und Last gingen doch nicht übers Eis,
Netze noch nicht unter ihm fort.

Sonst späht dir dein Ohr ja alles; vernimm,
Wie der Todeston wehklagt auf der Flut!
O wie tönt's anders! wie hallt's, wenn der Frost
Meilen hinab spaltet den See!

Zurück! laß nicht die schimmernde Bahn
Dich verführen, weg von Ufer zu gehn!
Denn wo dort Tiefen sie deckt, strömt's vielleicht,
Sprudeln vielleicht Quellen empor.

Den ungehörten Wogen entströmt,
Dem geheimen Quell entrieselt der Tod!
Glittst du auch leicht, wie dies Laub, ach! dorthin,
Sänkest du doch, Jüngling, und stürbst!
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Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803)