Donnerstag, 4. Oktober 2007
Eine niederländische Ausstellung naht sich dem Ende. Sollten die auf Bachs Cellosuiten inspirierten Skulpturen jetzt nicht nach Leipzig reisen?
Der Künstler erzählt und erklärt unterhaltsam
Am letzten Samstagnachmittag im September hat der ursprünglich aus Rusland stammende Meistercellist Dmitri Ferschtman die Vierte und Sechste Suite für Cello von Johann Sebastian Bach gespielt, als offiziellen Abschluß [1] der Ausstellung DE SUITES mit den sechs imponierenden Skulpturen aus massivem Stahl, die der Künstler Herbert Nouwens im Laufe der letzten Jahre angefertigt hat. Wie sehr man sich auch von vorneherein gefreut hat auf diese Exposition, die Erwartungen wurden jedoch bei weitem übertroffen. Im Rosarium in der nordniederländischen Mühlenstadt Winschoten, nahe der niederländisch/deutschen Grenze haben einige dieser Skulpturen den Eindruck gemacht als wären sie an Ort und Stelle aus dem Boden gewachsen, wie die sie umringenden Blumen und Bäume.

Emotionale Beziehung zur Bachschen Musik
Dass Herbert Nouwens eine besonders emotional geprägte Beziehung zur Musik von Papa Bach hat, erklärt sich unter anderem aus der Tatsache, dass er — vor nunmehr 28 Jahren, während seines Studiums im italienischen Carrara, wo er in den Tälern mit dem vielen Marmor sich das Bildhauen eigen gemacht hat — in seiner Unterkunft auf einem Hügel mit faszinierender Aussicht, jedoch ohne Strom, über längere Zeit keine Musik hören konnte, und gerade diese hat ihm so sehr gefehlt, dass er jetzt, als er bei einem Rundgang, frisch von der Leber, so einiges über das Entstehen seiner Skulpturen erzählt und somit erklärt hat, sich auch der Emotion hingab und erzählte wie froh er war als ein Freund, der ihn aus den Niederlanden besucht hat, ihm ein kleines von Batterien genährtes Kassettengerät mitgebracht hat und er endlich wieder Musik hören konnte. Seitdem ist kaum ein Tag vergangen ohne dass Herbert Nouwens Musik von Bach gehört hat.

Ausstellung auf Tournee?
Wie schön wäre es wenn diese unnachahmliche Ausstellung auch noch in einer anderen Umgebung für Musik- und Bildhaukunstfreunde eine zeitlang zu sehen wäre, zum Beispiel in Leipzig wo die Hauptquelle der Nouwenschen Inspiration, jedenfalls in diesem Rahmen, lange gewohnt und gearbeitet, und nicht zu vergessen, auch noch gewirkt hat.
Man versuche einmal sich vorzustellen wie es aussehen würde wenn diese Skulpturen auf dem Platz neben der Thomaskirche stünden. Schon die Ankündigung würde Diskussionen auslösen, und da es sich um Kunst handelt, die man nicht unbedingt lieben muss, doch die unter anderem dazu da ist, Menschen anzuregen, wäre das nicht nur überhaupt nicht schlimm sondern sogar wünschenswert.
Und obwohl man nicht ohne weiteres behaupten darf dass es sich hier um eine Übertragung von Musik in Skulpturen handelt, kann man das ganze durchaus mit Musik verbinden und es als etwas nachdrücklich Musisches empfinden.
Eventuell können die zur Selbstreflexion benötigten Spiegel im übertragenen Sinne mitgeliefert werden.
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[1] Die Skulpturen bleiben jedoch an Ort und Stelle, vorläufig bis zum Frühjahr 2008.
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Abbildungen
1. Der Cellist Dmitri Ferschtman lässt sich nach dem Konzert die Skulpturen im Rahmen der Suiten vom Künstler erklären.
2. Die Dritte Suite, wie sie von Herbert Nouwens emotional 'umgesetzt' wurde.
3. Die Sechste Suite. Viele junge Pärchen haben sich hier nach der offiziellen Trauung im Rathaus von Winschoten ablichten lassen.