Mittwoch, 12. November 2008
Weise Worte über menschliche Lebenspflichten in neun Vierzeilern vom junggestorbenen Dichter Ludwig Hölty


























Lebenspflichten

Rosen auf den Weg gestreut,
Und des Harms vergessen!
Eine kurze Spanne Zeit
Ward uns zugemessen.

Heute hüpft im Frühlingstanz
Noch der frohe Knabe;
Morgen weht der Totenkranz
Schon auf seinem Grabe.

Wonne führt die junge Braut
Heute zum Altare.
Eh' die Abendwolke taut,
Ruht sie auf der Bahre.

Ungewisser, kurzer Dau'r
Ist dies Erdenleben;
Und zur Freude, nicht zur Trau'r
Uns von Gott gegeben.

Gebet Harm und Grillenfang,
Gebet ihn den Winden;
Ruht bei frohem Becherklang
Unter grünen Linden!

Lasset keine Nachtigall
Unbehorcht verstummen,
Keine Bien' im Frühlingstal
Unbelauschet summen!

Fühlt, so lang es Gott erlaubt,
Kuß und süße Trauben,
Bis der Tod, der alles raubt,
Kommt, sie euch zu rauben.

Unter schlummerndes Gebein,
In die Gruft gesäet,
Fühlet nicht den Rosenhain
Der das Grab umwehet;

Fühlet nicht den Wonnenklang
Angestoßner Becher,
Nicht den frohen Rundgesang
Weingelehrter Zecher.

Ludwig Christoph Heinrich Hölty (1748-1776)
Uit: Gedichte (Leipzig, 1870)
Dit gedicht werd op muziek gezet door
Johann Friedrich Reichardt (1752-1814).

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Fragment aus einem Sonnett von Pierre de Ronsard — ins Englische übertragen von John Keats













Nature
ornant Cassandre, qui devait
De sa douceur forcer les plus rebelles,
La composa de cent beautés nouvelles,
Que, dès milles ans, en epargne elle avait.

De tous les biens qu'Amour au ciel couvait
Comme un trésor, chèrement, sous les ailes,
Elle enrichit les grâces immortelles
De son bien oeil, que les Dieux émouvait.

Du ciel à peine elle était descendue
Quand je la vis, quand mon âme éperdue
En devint folle, et dún si poignant trait

Amour coula ses beautés en mes veines,
Qu'autres plaisirs je ne sens que mes peines,
Ni autre bien qu'adorer son portrait.


* * * * *

FROM RONSARD

FRAGMENT OF A SONNET.

NATURE withheld Cassandra in the skies

For more dornment, a full thousand years;
She took their cream of Beauty's fairest dyes,

And shaped and tinted her above all peers:
Meanwhile Love kept her dearly with his wings,

And underneath their shadow filled her eyes
With such a richness that the cloudy Kings
Of high Olympus uttered slavish sighs.
When from the Heavens I saw her first descend,
My heart took fire, and only burning pains—
They were my pleasures—they, my life's sad end;
Love poured her beauty into my warm veins . . .

Pierre de Ronsard
(1524-1585)

Translated by John Keats
(1795-1821)



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