Montag, 4. Februar 2008
Barockensemble Florilegium gibt in dieser Woche vier Konzerte in den Niederlanden; am Freitag in Groningen

Alternative Barockmusik
Das Englische Barockensemble Florilegium wird vom Abend des 5. Februar bis Freitag 8. Februar vier Konzerte in den Niederlanden, als letztes in Groningen, im großen Saal des Kulturzentrums De Oosterpoort. Mit von der Partie ist das Arakaendar Bolivia Choir sowie zwei Gesangsolisten.
Man fängt an Dienstag anmit einem Konzert in Rotterdam, dann folgen Enschede und Utrecht. Das Programm ist überall das glecihe: zwölf Komponisitonen aus der Südamerikanischen Barock. Was man zu hören bekommen wird, ist zwar Barockmusik durch und durch, sie unterscheidet sich jedoch von der von uns als Barockmusik verstandenen Kunstform indem sie aufgeweckter ist, und das hat wohl damit zu tun dass es auf jenem Kontinent etwas wärmer, bzw. heißer zugeht.

Anonymi und Araujo
Wenn man die Liste der Komponisten, bzw. der Werke betrachtet, die im tiefergelegenen Nachbarland in dieser Woche an vier Abenden gespielt werden, fällt sofort auf dass es da dreimal den Begriff Anon vorkommt, sowie dreimal den Namen Araujo. Ob die Werke welche versehen sind mit dem Begriff Anon aus einer Feder stammen, bzw. ob die von zwei oder gar drei Komponisten geschrieben wurden, geht aus dem Ganzen nicht hervor.
Bei dem nur mit dem Nachnamen genannten Araujo, wird es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Juan de Araujo (1646-1712) handeln, obwohl es da so einige Komponisten mit diesem Familiennamen gibt.
Bei den anderen sechs Werken stoßen wir auf die Namen Ignazio Balbi (1720-1775) und Giovanni Bassani (ca. 1657-1716). Des weiteren finden wir die Musikmeister Roque Jacinto de Chavarria (1688-1719), der also noch nicht einmal das Mozartsche Alter erreicht hatte als er gestorben ist — und Tomas de Torrejon y Velasco (1644-1728), nach dem in Madrid sogar eine Musikhochschule genannt worden ist, da er auf weniger als 30 km Entfernung von der Spanischen Hauptstadt geboren wurde.

Brentner und Locatelli
Die beiden Namenl, welche am meisten in der Liste der zu spielenden Werke auffallen, sind die welche man nicht in erster Linie mit dem Kontinent in der Ferne assozieren würde, sind Joseph Brfentner (1689-1742) und Pietro Locatelli (1695-1764). Letzteren wird man wohl eher mit der Haupstadt der Niederlande im 18. Jahrhundert.
Dass solche typisch europáische Namen in der bolivianischen Barock auftauchen, ist nicht so erstaunlich wenn man bedenkt dass es damals viele Geistliche gegeben hat die sich zu den spanischen und portugisischen Heeren — welche zum Ziel hatten die Neue Welt zu erobern — gesellt haben um in den noch nicht bekehrten Gebieten ihr besonderes Heil säen zu können. Diese waren es, die Komponisten in der Alten Welt dazu eingeladen haben an Ort und Stelle neue Musik zu komponieren. Dies finden wir noch zurück im Titel einiger Tonträger, welche auf missionarische Musik hinweisen.

Chor und Solisten
Neben den Instrumentalisten wird der Arkaender Bolivia Choir unter der Leitung von Ashley Solomon auftreten, solistisch unterstützt von der Sopranustin Katia Esacalera und dem Tebor Henry Viilca.
Vieles von dem was die Gruppe Florilegium in den vier Konzerten im Nachbarland zum Besten geben wird, findet man auch auf einer Doppel-cd, welche wohl während der Pause und/oder nach dem Konzert angeboten werden.


Abblildungen
1. Das englische Barockensemble Florilegium.
2. Der Komponist Pietro Locatelli.
3. Die Sopranisten Katia Escalera.

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Dienstag, 22. Januar 2008
John Greenleaf Whittier äußerte sich 1882 poetisch über seinen Kollegen Henry Wadsworth Longfellow
THE POET AND THE CHILDREN

Longfellow

WITH a glory of winter sunshine
Over his looks of gray,
In the old historic mansion
He sat on his last birthday;

With his books and his pleasant pictures,
And his household and his kin,
While a sound as of myriads singing
From far and near stole in.

It came from his own fair city,
From the prairie's boundless plain,
From the Golden Gate of sunset
And the cedarn woods of Maine.

And his heart grew warm within him,
And his moistening eyes grew dim,
For he knew that his country's children
Were singing the songs of him:

The lays of his life's glad morning,
The psalms of his evening time,
Whose echoes shall float forever
On the winds of every clime.

All their beautiful consolations,
Sent forth like birds of cheer,
Came flocking back to his windows,
And sang in the Poet's ear.

Grateful, but solemn and tender,
The music rose and fell
With a joy akin to sadness
And a greeting like farewell.

With a sense of awe he listened
To the voices sweet and young
The last of earth and the first of heaven
Seemed in the songs they sung.

And waiting a little longer
For the wonderful change to come,
He heard the Summoning Angel,
Who calls God's children home!

And to him in a holier welcome
Was the mystical meaning given
Of the words of the blessed Master:
'Of such is the kingdom of heaven!'
[1882]

John Greenleaf Whittier 1807-1892

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Samstag, 19. Januar 2008
Einige sehr überraschende Poesie-Beitrage des Amerikaners Henry Wadsworth Longfellow (3)
WALTER VON DER VOGELWEID.

VOGELWEID the Minnesinger,
When he left this world of ours,
Laid his body in the cloister,
Under Würtzburg's minster towers.

And he gave the monks his treasures,
Gave them all with is behest:
They should feed the birds at noontide
Daily on his place of rest;

Saying 'From these wandering minstrels
I have learned the art of song;
Let me now repay the lessons
They have taught so well and long.'

Thus the bard of love departed;
And, fulfilling his desire,
On his tomb the birds were feasted
By the children of the choir.

Day by day, o'er tower and turret,
In foul weather and in fair,
Day by day, in vaster numbers,
Flocked the poets of the air.

On the tree whose heavy branches
Overshadowed all the place,
On the pavement, on the tombstone,
On the poet's sulptured face.

On the cross-bars of each window,
On the lintel of each door,
They renewed the War of Wartburg,
Which the bard had fought before.

There they sang their merry carols,
Sang their lauds on every side;
And the name their voices uttered
Was the name of Vogelweid.

Till at length the portly abbot
Murmered, 'Why this waste of food?
Be it changed to loaves henceforward
For our fasting brotherhood.'

Then in vain o'er tower and turret,
From the walls and woodland nests,
When the minster bells rang noontide,
Gathered the unwelcome guests.

Then in vain, with cries discordant,
Clamorous round the Gothic spire
Screamed the feathered Minnesingers
For the children of the choir.

Time has long effaced the inscriptions
On the cloister's funeral stones,
And tradition only tells us
Where repose the poet's bones.

But around the vast cathedral,
By sweet echoes multiplied,
Still the birds repeat the legend,
And the name of Vogelweid.


Henry Wadsworth Longfellow (1807-1882)
Aus: Songs and Sonnets
In: the Oxford Edition of the Poetical Works of Longfellow
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Abbildungen
1. Walther von der Vogelweide (ca. 1170-1230); aus der Manessischen Handschrift.
2. Der Dichter Longfellow in 1868.

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Donnerstag, 17. Januar 2008
Einige sehr überraschende Poesie-Beiträge des Amerikaners Henry Wadsworth Longfellow (2)
Zwei der allerberühmtesten Gedichten van Johann Wolgang von Goethe (1749-1832) sind die beiden mit dem Titel Wandrers Nachtlied. Das erste wurde geschrieben am 12. Februar 1776 geschrieben, das zweite stammt aus 1780 und wurde höchstwahrscheinlich am 6. September jenes Jahres geschrieben.

WANDRERS NACHTLIED

Der du von dem Himmel bist
Alles Leid und Schmerzen stillest,
Den, der doppelt elend ist,
Doppelt mit Erquickung füllest,
Ach, ich bin des Treibens müde!
Was soll all der Schmerz und Lust?
Süßer Friede.
Komm, ach komm in meine Brust!

EIN GLEICHES

Über allen Gipfeln
Ist Ruh,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.

Unter den aus vielen Europäische Sprachen, vor allem aus dem Deutschen, ins Amerikanische übertragenen, ganz direkt, oder nach dem Geiste übersetzten, Gedichten befindet sich auch eine 'Umsetzung' von der Hand des unglaublich eruditen Henry Wadsworth Longfellow.

WANDERER'S NIGHT-SONGS.

FROM GOETHE.

I.

THOU that from the heavens art,
Every pain and sorrow stillest,
And the doubly wretched heart
Doubly with refreshment fillest,
I am weary with contending!
Wy this rapture and unrest?
Peace descending
Come, ah, come into my breast!

II.

O'er all the hill-tops
Is quiet now,
In all the tree-tops
Hearest thou
Hardly a breath;
The birds are asleep in the trees;
Wait; soon like these
Thou too shall rest.

Aus: A Handful of Translations
In: The Oxford Edition of the Poetical Works by Longfellow

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Abbildungen
1. Goethe's Unterschrift. Hier in Golddruck op braunem Leder.
2. Monogram des Namens H.W. Longfellow. Hier in Golddruck auf schwarzem Leder.

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Mittwoch, 16. Januar 2008
Einige sehr überraschende Poesie-Beiträge des Amerikaners Henry Wadsworth-Longfellow (1)
Präsident als Poesie-Protagonist
In der Liste mit allen amerikanischen Präsidenten, die man am Ende eines neuen, aktuellen niederländischen Buches [1] über die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten finden kann, schreibt der Autor über den 1881 gewählten Präsidenten James Abram Garfield (1831-1881): "Überraschender kandidat der Republikaner. Als getreuer Parteimann war er der letzte Abgeordnete der es jemals zu Präsidenten gebracht hat. Wurde kurz nach seiner Inauguration ermordet von einem unzufriedenen Arbeitssuchenden". . . . .
Ein Zeitgenosse dieses Politikers war der unglaublich belesene Dichter Henry Wadsworth Longfellow (1807-1885). Er sah in dem schrecklichen Ereignis einen Anlass den Mann in Erinnereung zu behalten indem er ein Gedicht über ihn verfasst hat.

PRESIDENT GARFIELD

'E VENNI DAL MARTIRIO A QUESTA PACE'

THESE words the Poet heard in Paradise,
Uttered by one who, bravely dying here,
In the true faith was living in that sphere
Where the celestial cross of sacrifice
Spread its protecting arms athwart the skies;
And set thereon, like jewels crystal clear,
The souls magnanimous, that knew not fear,
Flashed their effulgence on his dazzled eyes.
Ah me! how dark the discipline of pain,
Were not the suffering followed by the sense
Of infinite rest and infinite release!
That is our consolation; and again
A great soul cries to us in our suspense,
'I came from martyrdom unto this peace!'

Aus: The Oxford Edition of the Poetical Works of Longfellow
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[1] Frans Verhagen: De beste wint nooit.
(Der Beste gewinnt nie)
. Verlag Nieuw Amsterdam, 2007.
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Afbeeldingen
1. Der Politiker James Abram Garfield (1831-1881).
2. Der Dichter Henry Wadsworth Longfellow (1807-1885), hier um 1877 — 'nach einer Photographie'.

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Dienstag, 15. Januar 2008
Zwei Wintergedichte von Matthias Claudius (1740-1815)
AN DEN WINTER

So, du lieber Winter, sei milde!
Ach, sonst frieren
Viele arme Menschen tot.

Sie haben so schon gnug der Not! —
Winter, laß dich rühren
Und blicke sanft und freundlch durch die Gefilde!
Lieber Winter, sei milde!

[1772, Aus dem Wandsbecker Bothen 1771-75]

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EIN LIED
hinterm Ofen zu singen

Der Winter ist ein rechter Mann,
Kernfest und auf die Dauer;
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,
Und scheut nicht süß noch sauer.

War je ein Mann gesund, ist er's!
Er krankt und kränkelt nimmer,
Weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs,
Und schläft im kalten Zimmer.

Er zieht sein Hemd im Freien an
Und läß's vorher nicht wärmen;
Und spottet über Fluß im Zahn
Und Kolik in Gedärmen.

Aus Blumen und aus Vogelsang
Weiß er sich nichts zu machen,
Haßt warmen Drang und warmen Klang
Und alle warmen Sachen.

Doch wenn die Füchse bellen sehr,
Wenn's Holz im Ofen knittert,
Und um den Ofen Knecht und Herr
Die Hände reibt und zittert;

Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht,
Und Teich' und Seen krachen;
Das klingt ihm gut, das haßt er nicht,
Denn er will sich tot lachen. —

Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus
Beim Nordpol an dem Strande;
Doch hat er auch ein Sommerhaus
Im lieben Schweizerlande.

Da ist er denn bald dort, bald hier,
Gut Regiment zu führen.
Und wenn er durchzieht, stehen wir
Und sehn ihn an und frieren.

[Aus dem Wandsbecker Bothen Vierter Theil, Wandsbeck, 1782.
Beym Verfasser.]

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Montag, 14. Januar 2008
Die Frauen der Nazi-Größen näher betrachtet
Am Dienstag, 15. Januar, abends zwischen 20:00 Uhr und 21:00 Uhr bietet Ihnen der Rundfunksender NDR Kultur die Möglichkeit sich näher informieren zu lassen über die Rolle mancher Frauen, die an der Seite Ihres Gatten oder Freundes, dazu beigetragen haben dass die Widerwártigkeit des Naziwesens einen etwas milderen Anschein bekam.
Die Sendung wird als Beitrag in der Reihe Kulturforum präsentiert. Unter dem Titel Die Frau an seiner Seite, Männerkarrieren, Tatnähe und 'weibliche' Verstrickungen im Nationalsozialismus bieten Inga Dietrich und Sabine Werner, unter der Regie von David Zane Mairowitz, eine Stunde lang so einiges über braun-schwarze Wesen weiblichen Geschlechts.
Ich möchte davon ausgehen dass die drie Bücher von Anna Maria Sigmund zu diesem Thema, und die vor einiger Zeit in einem Band preiswert angeboten wurden, zur Sprache kommen.
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Anna Maria Sigmund: Die Frauen der Nazis — Die drei Bestseller vollständig aktualisiert in einem Band. 1.072 Seiten, Paperback; Wilhelm Heyne Verlag, München, 2005; ISBN 3-458-60016-9. Prijs € 15,—.
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Abbildungen
1. Emmy Göring.
2. Vorderseite der Paperback-Ausgabe mit den drei Büchern von Anna Maria Sigmund, in einem Band.

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Samstag, 12. Januar 2008
Aimée & Jaguar-Spielfilm wird von BBC 2 ausgestrahlt
Wer den deutschen Spielfilm Aimée & Jaguar aus 1999, vom Regisseur Max Fäberböck — der zur Eröffnung der Berlinale in jenem Jahr als erster Beitrag gezeigt wurde, und später auch von einem der öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehanstalten vorgestellt wurde — bisher verpasst hat, kann dieses Versäumnis nachholen indem sie oder er in der Nacht von heute auf morgen, in den späteren Stunden, das englische Fernsehen BBC Two einschaltet, denn da sendet man zwischen 03:40 und 05:40 Uhr diesen Spielfilm, und, wie das bei Auntie's BBC in solchen Fällen üblich ist, in der Originalsprache mit Untertiteln, so wie sich das für eine Kulturnation gehört, damit nicht die totale Verblödung vorherrscht, spwie das bei den meisten ausländischen Filmen in dutschen Kino's und auf dem Bildschirm der Fall ist.

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Mittwoch, 9. Januar 2008
Wilhelm Busch starb heute vor genau einhundert Jahren
Jahrhundert-Gedenken
Am 9. Jänner 1908 ist der Maler, Zeichner und Dichter, Humorist und Denker Wilhelm Busch gestorben. Und obwohl man es mit dem üblichen Rundezahlenfetischismus nicht allzu bunt treiben sollte, bietet dieses Datum eben doch eine gute Gelegenheit sich noch einmal zu beschäftigen mit dem besonderen Menschen Busch, der am 15. April 1832 geboren wurde — eine Tatsache die im vergangenen Jahr schon zu allerhand an Publizistischem geführt hat, denn auch 175 ist nun mal 'ne halbwegs runde Zahl.
Wer sich für diesen außerordentlichen Menschen interessiert, sollte sich nicht die drei — zwei im Dezember und eines in diesem Monat — im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienenen Bücher entgehen lassen, da diese zusammen ein breitgefächertes Bild des Literators, des bildenden Künstlers, und nicht zuletzt des Menschen Busch bieten.
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DER EINSAME

Wer einsam ist, der hat es gut,
Weil keiner da, der ihm was tut.
Ihm stört in seinem Lustrevier
Kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,
Und niemand gibt ihm weise Lehren,
Die gut gemeint und bös zu hören.
Der Weh entronnen, geht er still
In Filzpantoffeln, wann er will.
Sogar im Schlafrock wandelt er
Bequem den ganzen Tag umher.
Er kennt kein weibliches Verbot,
Drum rauscht und dampft er wie ein Schlot.
Geschützt vor fremden Späherblicken,
Kann er sich selbt die Hosen flicken.
Liebt er Musik, so darf er flöten,
Um angenehm die Zeit zo töten,
Und laut und kräftig darf er prusten,
Und ohne Rücksicht darf er husten,
Und allgemein vergißt man seier.
Nur allerhöchstens fragt mal einer:
Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,
Ich dachte längst, er wäre tot.
Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
Läßt sich das Glück nicht schöner malen.
Worauf denn auch der Satz beruht:
Wer einsam ist, der hat es gut.

Aus: Zu guter Letzt
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Biographie
Die Germanistin und Mediaevistin Michaela Diers — ihr verdanken wir ein biographisches Portrait, in der nämlichen dtv-Reihe, über Hildegard von Bingen, und Veröffentlichungen über den mit Hildegard befreundeten Bernard von Clairvaux, sowie über Bettina von Arnim und einige Bücher über Mystik — hat sich nachdrücklich mit Leben und Werk von Wilhelm Busch beschäftgt und das Resultat ist, wie kaum anders zu erwarten war, ein hervorragendes Buch das offiziell erst in diesem Monat erschienen ist, jedoch zum Glück für so manch einen, schon seit einigen Wochen im Buchhandel erhältlich ist.
Anhand seiner Zeichnungen und Bilder erläutert Michaela Diers dass die Existenz dieses vielseitigen Künstlers — der vor allem in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts gelebt hat — gar nicht so eindeutig gewesen ist wie man glauben könnte wenn man sich seine Bildergeschichten, mit denen man als Jugendliche(r) — sei es im Originaltext, sei es in irgendeiner Übertragung — beschäftigt hat.
Wenn man, wie die Autorin, sich die Mühe nimmt die wichtigsten Themen im Leben von Busch näher zu betrachten, muss man daraus wohl die Schlussfolgerung ziehen dass er ein tiefempfindender Mensch gewesen ist für den auch nicht immer alles so eindeutig war wie es scheinen mag, wenn man sich die große Beobachtungsgabe, die aus den Bildergeschichten hervorgeht, vor Augen führt. Er war nicht gerade glücklich über den Zeitgeist, der damals als Weltverfassung — nicht zu verwechseln mit einem Weltgrundgesetz, denn sowas hätte am Ende des neunzehnten Jahrhunderts wohl eher Anlass zum Optimismus gegeben — gehandelt wurde. In den hundert Jahren nach seinem Dahinscheiden mag sich wohl einiges im Sozialen verbessert haben, um die Weltverfassung ist es inzwischen ziemlich schlimm gestellt. Denn mit all seiner Phantasie wäre er wohl nicht auf den Gedanken gekommen bei Max und Moritz etwas aus dem Bereich der Industrie zu implantieren.
Wilhelm Busch würde, wenn er in unseren Tagen gelebt hätte, die Begleiterscheingen dieser verheerenden Vorbereitungen mit seinen verschiedenen Federn wohl wieder einiges an Buben- und Mädchenstreichen entgegengesetzt haben.
Heute sind wir soweit: Politiker haben von Auschwitz nichts gelernt: jetzt wollen sie das Restliche, was es noch an Humanem in der Gesellschaft gibt, schon selbst vernichten. Die Bestie aus dem Abgrund lauert überall und den labilsten unter den Politikern kann das nur recht sein, denn mit Monstern paktieren die, im Rahmen ihrer menschenverachtenden Mentalität, nur zu gern. Auch die Folter soll wieder salonfähig werden. Einige Aspekte davon findet man schon in den Zeichnungen bei Wilhelm Busch: da wird Humor hin, Humor her, schon ordentlich geprügelt. Es gibt nun einmal nichts Neues unter der Sonne. Einmal abgesehen von diesem hervorragenden neuen Buch von Michaela Diers, das in seiner Vielschichtigkeit eine große Bereicherung in der Disziplin Biographie bedeutet.
Auch die Gestaltung des Buches, das in der Breite 'ausgedehnt' wurde, damit man eine extra Spalte — vluchtkolom (Fluchtspalte) nennt man sowas im Niederländischen — verfügbar hat für Anmerkungen und, vor allem, für Bildmaterial, verdient ein Kompliment.

Max und Moritz in zehn Dialekten

Gleichzeitig mit dem Gedichtband Reimweisheiten ist eine mundartgerechte Ausgabe von Busch' Eine Bubengeschichte in sieben Streichen, vorangegangen von derselben Geschichte in zehn verschiedenen deutschen Dialekten, und versehen mit ausgewählten Zeichnungen.Die zehn sind übrigens nicht alle Mundart-Versionen die es da gibt. Auf der letzten Seite des Buches wirbt ein anderer Verlag für die A-Z-Ausgabe, mit zusammen 28 verschiedenen Mundarten, von Aachen bis zur Zips.
Der dtv-Auswahlband bietet auch die manchmal notwendigen Glossare und Literaturhinweise, sowie ein Nachwort und Quellenangaben. Über die diversen Autoren kann man sich gleichfalls hinten im Buch näher informieren.
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In der schönen Osterzeit,
Wenn die frommen Bäckersleut
Viele süße Zuckersachen
Backen und zurechtemachen,
Wünschen Max und Moritz auch
Sich so etwas zum Gebrauch.
Doch der Bäcker, mit Bedacht,
Hat das Backhaus zugemacht.
Also, will hier einer stehlen,
Muss er durch den Schlot sich quälen.
Ratsch, da kommen die zwei Knaben
Durch den Schornstein, schwarz wie Raben.
Puff! Sie fallen in die Kist',
Wo das Mehl dadrinnen ist.
Da! Nun sind sie alle beide
Rundherum so weiß wie Kreide.
. . . . .

Aus dem Sechsten Streich
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Wilhelm Busch: Und überhaupt und sowieso — Reimweisheiten. Ausgewählt und herausgegeben von Günter Stolzenberger. 160 Seiten, Paperback, mit einigen Illustrationen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Dezember 2007; ISBN 978-3-423-13624-2. Preis € 6,—.

Michaela Diers: Wilhelm Busch — Leben und Werk. 196 Seiten, breiter Paperback mit vielen verschiedenartigen Abbildungen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Januar 2008; ISBN 978-3-423-34452-4. Preis € 14,50.

Wilhelm Busch: Max und Moritz mundartgerecht. (Mit zehn Dialekten.) 192 Seiten, mit einigen Zeichnungen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Dezember 2007; ISBN 978-3-423-13623-5. Preis € 6,—.
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Abbildungen
Die meisten Abbildungen sprechen für sich, auch die beiden von Wilhelm Busch mit Zigarre. Bei den beiden Ölgemälden im Kapitel über die Biographie von Michaela Diers handelt es sich erstens um das Bild einer alten Frau, das Wilhelm Busch 1852 als Halbprofil gemalt hat; das zweite Bild trägt den Titel Mein Stubenplatz in Wiedensahl und ist um 1860 entstanden. Das Material besteht aus Papier/Pappe, das Bildformat beträgt 20 x 24,8 cm.

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Montag, 7. Januar 2008
Klavierfestival De Wereld van de Piano am 18., 19. und 20. Januar, mit darin ein Franz-Liszt-Marathon, im Kulturzentrum De Oosterpoort, Groningen
Freitagabend 18. Januar
In unserem Beitrag vom Freitag 25. November über den jungen amerikanischen Pianisten Jonathan Biss haben wir schon darauf hingewiesen dass sein Beitrag an dem Klavierfestival in Groningen, am 18 Januar, nur den Eröffnungsabend betrifft, doch dass danach eine ganze Reihe von Klavierereignissen sich in den beiden darauf folgenden Tagen abspielen werden, die im Festival De Wereld van de Piano (Die Welt des Klaviers) integriert sind. Auch die jüngsten Zuhörer können dabei auf ihre Kosten kommen — an musikalischen Humor wurde gedacht.

Samstag 19. Januar
Schon früh am Nachmittag beginnt der erste Teil von fünf, die wohl bis sehr spät am Abend andauern werden. Als erstes gibt es ein Klaviermarathon die im Zusammenarbeit mit der Young Pianist Foundation organisiert wurde. Am selben Nachmittag,ab 16:30 Uhr erzählt der niederländische Pianist Paul Komen über die Unterschiede die es in der Aufführungspraxis gibt wenn man einerseits ein Fortepiano benutzt und auf der anderen Seite einen modernen Konzertflügel bespielt. Paul Komen erklärt das nicht nur mit Worten, sondern auch mit Beispielen auf zwei so verschiedenen Instrumenten.
Der dritte Teil des Tages startet um 19:00 Uhr, wenn der Niederländer Rian de Waal Klaviertranskriptionen zum Besten geben wird, und sie auch selbst erklärt.
Manche dieser Transkriptionen werden noch für Überrachungen bei den Zuhörern sorgen. Ab 20:30 Uhr werden sich dann zu den beiden schon genannten Niederländern noch zwei Klavierspieler gesellen: Nata Tsvereli und Juan Zurutuza. Diese vier Virtuosen werden dem Festival De Wereld van de Piano mit einer zusätzlichen Dimension versehen, indem sie Kompositionen für zwei Konzertfügel spielen werden von Gioacchino Rossini (1792-1868) und Franz Liszt (1811-1886), sowie von Sergej Rachmaninow (1873-1943).

Bolero für zwei Klaviere à quatre mains
Das Glanzstück des Abends in diesem Kontext wird ohne Zweifel die Aufführung der Bolero aus 1928, von Maurice Ravel (1875-1937) sein, in einer Bearbeitung für zweimal vierhändig Klavier. All diese vier Pianisten werden dann zusammenspielen auf zwei Konzertflügeln.
Am Schluss des Abends wird der Sänger/Pianist Willem van Ekeren noch für eine ganz besondere Präsentation sorgen indem er Bluestexte vom amerikanischen Dichter Charles Bukowksi (1920-1994) mit der Barockmusik von Papa Johann Sebastian Bach (1685-1750) in Einklang zu bringen sich Mühe geben wird.
Bukowski, ein gebürtiger Europäer, hat sich von den verschiedensten Strömungen der Weltliteratur beeinflussen lassen: sowohl von den Russen Anton Tsjechow und Fjodor Dostojewski, wie auch von Franz Kafka, dem Franzosen Louis-Ferdinand Céline, und von vielen Amerikanern, auch und vor allem von dem in diesem Zusammenhang wohl unvermeidlichen Ernest Hemingway.

Liszt-Marathon
Am Sonntag beginnt das Programm im Kulturzentrum De Oosterpoort wiederum um die Mittagstunde: 12:00 Uhr. Und genau wie am Vortag wird auch der Liszt-Marathon im kleinen Saal stattfinden.
Anwesend sein werden unter Anderen viele Klavierspieler, die später im Jahr, genauer gesagt im April 2008, auch am Liszt Wettbewerb teilnehmen werden.
Um 15:00 Uhr beginnt der Mittelteil des Nachmittages im Festival De Wereld van de Piano, mit den Pianomännern Ernst Binnekamp und Klaas Bakker, die nicht nur so einiges von Erik Satie (1866-1925) vortragen werden, sondern auch eigene Lieder die mitgesungen werden können. Gleichzeitig werden Foto- und Video-Animationen vorgestellt.

Der zeitgenössische Komponist Wim Zwaag
Nicht alles was man während dieses Festivals miterleben kann, stammt aus der musikalischen Vergangenheit. Auch die zeitgenössische Musik wird vertreten sein, und zwar von dem Niederländer Wim Zwaag, der nicht nur die 24 Preluden für Klavier geschrieben hat, welche von Paul Komen vorgestellt werden, der jedoch selbst mit von der Partie ist und vom Pianisten befragt werden kann über seine Musik.
Zur Zeit arbeitet Wim Zwaag an einem Violinkonzert, einem Auftragswerk der Nürnberger Symphoniker. Das Werk soll im Oktober dieses Jahres uraufgeführt werden und danach auch auf Tonträgern verfügbar sein.

Zum Schluss: Boris Berezovski mit Fryderyk Chopin
Ein Klavierfestival wäre nicht richtig ein solches wenn man dem Polen Chopin nicht begegnen würde, und deshalb ist er selbstverständlich mithinein programmiert worden.
Als Abschluss wird am Sonntagabend 20. Januar noch ein Recital gegeben mit Klavierwerken van Fryderyk Chopin (1810-1849), gespielt von dem Klaviervirtuosen dessen Namen wohl für immer mit dem des polnischen Großmeisters auf den weißen und schwarzen Tasten verbunden sein wird, dem Russen Boris Berezovski.
Das genaue Programm können Sie sich am besten anschauen auf der Webseite des Cultuurcentrum De Oosterpoort Groningen.
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Abbildungen
1. Der junge amerikanische Klaviervirtuose Jonathan Biss.
2. Der niederländische Pianist Paul Komen.
3. Die georgische Klavierspielerin Nata Tsvereli.
4. Der Komponist Maurice Ravel.
5. Der niederländische Pianist Willem van Ekeren.
6. Der amerikanische Dichter Charles Bukowski.
7. Die beiden niederländischen 'Pianomannen' Ernst Binnekamp und Klaas Bakker.
8. Der niederländische Komponist Wim Zwaag (Foto: Clea Betlem).
9. Der russische Klavierlöwe, -tiger und -riese Boris Berezovski.

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Donnerstag, 3. Januar 2008
. . . mit dieser Aura nobler Unschuld — Engel in der Lyrik des 20. Jahrhunderts in einem neuen Sammelbändchen
Himmelsboten, Dichterboten
In alten Zeiten wurden Engel als Boten der Götter — im Monotheismus dagegen des einen Gottes — betrachtet. Heutzutage gibt es mehr und mehr 'weltliche' Überlegungen zu Phänomenen, die man nicht auf Anhieb versteht, oder gar nicht kennt. Deshalb werden Engel — seien sei lieb und leidlich, zornig oder gar boshaft — von vielen eher als Boten der Dichter empfunden.
Hans Stempel und Martin Ripkens, Autoren von Kinder- und Jugenbüchern, sowie Berater eines Medienkonzerns, haben schon einige Anthologien zusammengestellt, die mit Erfolg gekrönt wurden. Im Falle der 'Himmelsboten' haben sie eine Anthologie in sieben Kapiteln zusammengestellt, die sich mit dem Thema in der Lyrik des zwanzigsten Jahrhundert befassen, zwar vor allem in der deutschen Literatur, jedoch auch mit einigen Gedichten, die aus anderen Sprachen ins Deutsche übertragen wurden. Die sieben verschiedenen Kapitel handeln von Engeln in dem Kontext zu resp. Zuflucht, Zorn, Abschied, Zärtlichkeit, Heiterkeit, Geschichte und von Engeln im Vorüberwehen.

Überraschung
Dass sich zwischen all den bekannten und noch bekannteren Dichtern auch Namen befinden, die nicht sofort ein ganzes Skala an Buchtiteln, Fakten und Fiktion hervorrufen, darf kaum Verwunderung wecken. Dass sich zwischen all den schriftstellerisch tätigen Leuten auch der international hoch eingeschätzte Pianist Alfred Brendel befindet, ist eine interessante und sehr angenehme Überraschung. Anscheinend hat dieser Musiker Ohren nach mehr als 'nur' Noten. Ihm gönnen wir das nur allzu gerne.
Das schön gestaltete Büchelchen enthält Beiträgen von 88 Dichtern von A bis W: Anna Achmatowa bis Gabriele Wohmann.


WENN DIE ENGEL KOMMEN

Wenn die Engel kommen
erzählen sie gerne Geschichten
etwas ungereimt freilich
Engel lieben Unsinn
informieren uns über Gott und die Schöpfung
alles frei erfunden
sehen aus wie Paradiesvögel
oder junge Propheten
oder schöne geflügelte Damen
flatterhaft
aber mit dieser Aura nobler Unschuld
selbst wenn sie uns bedrängen
uns mit ihren Flügeln zudecken
den Himmel öffnen
Müttern erscheinen sie als Putten
werde geherzt und entfleuchen wieder
Auf Denkmälern sitzend
putzen sie sich
wie die Schwalben

Alfred Brendel (geb. 1931)
Aus: Störendes Lachen während des Jaworts
Wien, München 1997 (Hanser Verlag)
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DER ENGEL IM WINTER

Ich aber traf ihn nachmittags im Wald.
Ein Wunder das durch Buchenräume ging,
So menschenfern, so stegend die Gestalt,
Daß blaue Luft im Fittich sich verfing;

Das Antlitz schien ein reines, stilles Leid,
Sehr sanft und silbrig rieselte das Haar,
In großen Falten schritt das weiße Kleid.
Er schaffte nichts, er sagte nichts; er war.

Und nichts an ihm, was schreckte, was verbot.
Und dennoch: keines Sterbens Weggenoß,
Daß meine Lippe, ob auch unbedroht,
Erstaunten Ruf, die Frage stumm verschloß.

Ein Blatt entwehte an sein Gürtelband,
Vergilbt und schon ein wenig krausgerollt;
Er fing und trug es in der schmalen Hand
Wie ein Geschenk aus Bronze und aus Gold.

Wer sah ihm zu? Das Eichhorn, rot am Ast,
Und Rehe, die das Buschwerk schnell verlor.
Und Erlen wanden schon im Abendglast
Wie schwarze Schlangen züngelnd sich empor.

Er regte kaum die dünne Blätterschicht
Mit weichem Fuß. Es hatte ewig Zeit.
Und zog: wohin? In Stadt und Dörfer nicht.
Er wallte außer aller Wirklichkeit.

Nicht unsre Not, nicht unser armes Glück,
Nur keusche uhe barg sein Schwingenpaar.
Ich folgte nach und stand und blieb zurück.
Er brachte nichts, er sagte nichts; er war.

Getrud Kolmar (1894-1943)
Aus: Gedichte

Der Engel neben dir — Gedichte zwischen Himmel und Erde Herausgegeben und mit einem Nachwort von Hans Stempel und Martin Ripkens. 176 Seiten, Paperback, Originalausgabe.
Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Dezember 2007;
ISBN 978-3-423-13625-9. € 8,50.

Abbildungen
1. Vorderseite der dtv-Ausgabe mit Gedichten über Engel.
2. Der Pianist, Essayist und Lyriker Alfred Brendel.
Das Foto wurde vor einigen Jahrzehnten gemacht.
3. Die Lyrikerin Gertrud Kolmar. Sie wurde vermutlich in Auschwitz umgebracht.
4. Die beiden Autoren der Anthologie, Hans Stempel und Martin Ripkens. Das Foto von Ursula Zeidler wurde der hinteren Umschlagklappe ihres Buches Das Glück ist kein Haustier — Eine Lebensreise (dtv 24227) entnommen.

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Mittwoch, 2. Januar 2008
Zwei deutschsprachige Winternacht-Gedichte
WINTERNACHT
Nicht ein Flügelschlag ging durch die Welt,
Still und blendend lag der weiße Schnee,
Nicht ein Wölklein hing am Sternenzelt,
Keine Welle schlug im starren See.

Aus der Tiefe stieg der Seebaum auf,
Bis sein Wipfel in dem Eis gefror;
An den Ästen klomm die Nix herauf,
Schaute durch das grüne Eis empor.

Auf dem dünnen Glase stand ich da,
Das die schwarze Tiefe von mir schied;
Dicht ich unter meinen Füße sah,
Ihre weiße Schönheit Glied für Glied.

Mit ersticktem Jammer tastet' sie
An der harten Ecke her und hin.
Ich vergaß das dunkle Antlitz nie,
Immer, immer liegt es mir im Sinn.
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Gottfried Keller (1819-1890)
Aus: Sämtliche Gedichte
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WINTERNACHT

Cellolied

Ich schlafe tief in stiller Winternacht
Mir ist, ich lieg in Grabesnacht,
Alsob ich spät um Mitternacht gestorben sei
Und schon ein Sternenleben tot.

Zu meinem Kinde zog mein Glück
Und alles Leiden in das Leid zurück.
Nur meine Sehnsucht sucht sich heim
Und zuckt wie zähes Leben
Und stirbt.

Ich schlafe tief in starrer Winternacht,
Mir ist, ich lieg in Grabesnacht.

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Else Lasker-Schüler (1869-1945)
Aus: Sämtliche Gedichte.
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Abbildungen
1. Der Schweizer Dichter Gottfried Keller in 1886. Porträt vom schweizer Maler Karl Stauffer-Bern (1857-1891).
2. Die Dichterin Else Lasker-Schüler.

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Dienstag, 1. Januar 2008
Sense and sensibility — Die Dramatisierung nach Jane Austen's Roman ab heute abend als Dreiteiler auf BBC 1
Dramatisierter Roman
Sollten Sie genügend, seien es auch nur passive, Englisch-Kenntnisse haben und außerdem über Digital-Fernsehen oder einen 'Schüssel' verfügen, dann sollten Sie heute abend ab 22:10 Uhr Ihre Aufmerksamkeit dem Britischen Fernsehsender BBC 1 widmen, denn dort wird eine Stunde lang klassisches englisches Kostümdrama präsentiert indem man die erste Folge der neuerdings fertiggestellten Dramatisierung von Jane Austen's Roman Sense and sensibility aus 1811 sendet. Die zweite Folge dieses Drama's wird am 8., die dritte am 15. Januar ausgestrahlt.
Die vier wichtigsten Rollen werden gespielt von Hattie Morahan, Charity Wakefield, David Morrissey und Dan Stevens.

Der Roman
Als Basis für diesen Dreiteiler diente der obengenannte Roman der britischen Autorin, der ihr erstes veröffentlichte Prosawerk wurde, der jedoch nicht ihr erster fertggestellter Roman war. Sense and sensibility geht zurück auf eine Skizze mit dem Titel Elinor and Marianne, die Jane Austen (1775-1817) schrieb als sie um die zwanzig war. In den Jahren 1797-98 hat sie den Text umgearbeitet und elf Jahre später folgte eine zweite Anpassung. 1811 wurde die Geschichte als Roman in drei Bänden veröffentlicht, und an Stelle eines Autors stand auf der Titelseite "by a lady". Als das Buch ein paar Jahre später in einer Neuauflage eschien, wurde sie dennoch als Autor erwähnt.

Die Geschichte
Als der Vater der beiden Schwester Elinor und Marianne Dashwood verstorben ist, wird dem relativen Luxusleben der beiden jungen Damen ein ziemlich plötzliches Ende gesezt. Denn ihr Vater hat weder seiner Frau noch seinen Töchtern — da gibt es auch noch ein drittes Mädchen: Margaret — etwas vererbt. Sein Sohn John bekommt alles.
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Abbildungen
1. Titelseite des Romans, in drei Bänden erschienen 1811 ohne den Namen des Autors.
2. Porträt der Jane Austen, in Wasserfarben und Bleistift, das ihre Schwester Cassandra etwa 1810 fertiggestellt haben soll. (National Portrait Gallery, London.)

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Sonntag, 30. Dezember 2007
Der Mann im Strom, nach dem Siegfried Lenz-Roman, am Freitag 4. Januar spätabends in der ARD
Roman-Verfilmung
Für den kommenden Freitag, 4. Januar 2008, spätabends, hat die ARD 23:30 Uhr als Anfangszeitpunkt geplant für die Wiederholung des TV-Films Der Mann im Strom aus 2006, nach dem gleichnamigen Roman von Siegfried Lenz (geb.1926) aus 1957. Der Film, mit einer Länge von 90 Minuten, nimmt sich das Thema des älter werdenden Menschen auf der Suche nach bei ihm passender Arbeit, an. Ein 55 Jahre alter Bergungsinspektor namens Hinrichs will es nicht wahr haben dass es ihm körperlich nicht mehr so gut geht wie das für seinen Beruf an erster Stelle erforderlich wäre. Er verdrängt den Druck im Brustkorb und auch das Ohrensausen dringt nicht an die Oberfläche in sein tägliches Bewußtsein.
Der Film wurde vor fast zwei Jahren für das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm ARD/Das Erste gedreht von Nikolaus Stein von Kamienski, und wurdeam 15. April in jenem Jahr schon im Fernsehen ausgestrahlt.

Jan Fedder als Hinrichs
Die Rolle des alternden Hinrichs — der objektiv gesehen natürlich in seinen mittleren Jahren ist — wird gespielt vom damals 51-jährigen Jan Fedder, den viele, doch vor allem Norddeutsche, Fernsehzuschauer kennen als Polizist in der Vorabenserie Großstadtrevier sowie in der Serie Neues aus Büttenwarder über eine Dorfgemeinschaft auf dem norddeutschen Flachland. Jan Fedder überspielt in jenen Serien manchmal etwas die Figuren die er darstellen soll, doch für den Film Der Mann im Strom hätte man wohl keinen besseren einsetzen können als diesen 'Jung von der Waterkant'. Er ist überzeugend in seiner Rolle, bis ins letzte Detail. Alle Achtung.
Lea Draeger und Moritz Grove spielen neben Jan Fedder, der im richtigen Leben auch auf einem Bauernhof wohnt, Vegetarier ist und sich zu 50 Zigaretten am Tag bekannt hat. Nicht zuletzt kümmert er sich unter anderen um aidskranke Kinder. Nochmal: alle Achtung!
Dieser Roman wurde schon einmal, 1958, verfilmt von Eugen York, mit dem damals sehr beliebten Hans Albers in der Rolle von Hinrichs. Diese Fassung dauerte ebenfalls anderthalb Stunden.
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Abbildungen
1. Vorderseite der ersten Taschenbuch-Ausgabe (aus 1963: dtv 102; heute dtv 19124) von Siegfried Lenzens Roman. Die Umschlaggestaltung ist von dem Schweizer Grafiker und Illustrator Celestino Piatti der vor einigen Tagen verstorben ist.
2. Jan Fedder im Taucheranzug im Film.

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