Montag, 8. September 2008
Neuinszenierung von Richard Strauss' Die Frau ohne Schatten mit der umjubelten Doris Soffel als Amme

Noch sechs Vorstellungen im September
Am vergangenen Montag, 1. September, hat die Niederländische Oper im Amsterdamer Musiktheater die Premiere einer Neuinszenierung vom Musikdrama Die Frau ohne Schatten vorgestellt. Diese Oper wurde 1919 fertiggestellt von Richard Strauss (1864-1949). Die Rolle der Amme darin wird gesungen von der inzwischen sehr umjubelten Doris Soffel, die sich in letzter Zeit so nachdrucklich von vielen anderen Vokalistinnen abgehoben hat, vor allem im Repertoire von Richard Wagner (1813-1883) und Richard Strauss, wofür sie reichlich Ovationen geerntet hat.
Inzwischen hat auch die zweite Vorstellung, am vergangenen Freitag, bereits stattgefunden. Ab jetzt wird es in diesem Monat noch sechs Aufführungen im selben Haus in der niederländischen Hauptstadt geben: am Dienstag 9. und Freitag 12. September, am Dienstag 16. und Samstag 20., sowie am Dienstag 23. und letztendlich am Sonntag 28. September.
Mehr über die vokalen und instrumentalen sowie über alle anderen Schlüsselfiguren innerhalb dieser Produktion kann man finden auf der Webseite der Niederländischen Oper. [1]

Die Geschichte
Das Libretto stammt aus der Feder von Hugo von Hofmannsthal (1874-1929). Noch in derselben Zeitspanne hat der Autor die von ihm erdachte Handlung in eine Erzählung umgewandelt, die auch im selben Jahr in Berlin als Buch erschienen ist. Seit zwei Jahren ist diese als Neuausgabe der Originalfassung wieder erhältlich. Zur Vollstándigkeit sei übrigens darauf hingeweisen dass es Quellen gibt in denen behauptet wird dass doch es dch erst die ganze Erzählung gegeben hat bevor der Autor das Libretto für die Oper fertiggestellt hat. Die Erzählung gilt jedoch als ein kleines, kostbares Juwel der Wiener Neuromantik. Es handelt sich dabei um ein Märchen das voller Symbolik ist, welche man auf vielen Ebenen deuten kann. Der Grundgedanke ist die dass die menschliche Liebe erst Frucht tragen kann wenn die beiden zueinander gehörenden Partner durch Prüfungen, wahrhaftiges Leiden und Selbsteinsicht den Weg zueinander gefunden haben werden.
In dieser Geschichte hat der Kaiser einmal die 'Jagd' auf die Tochter des Geisterführers Keikobad eröffnet. Damals hatte sie die Gestalt einer Gazelle die er zur Kaiserin gemacht hat, Nachdem die beiden ein Jahr zusammengelebt hatten, war sie immer noch nicht mit einen Schatten versehen: das Zeichen einer werdenden Mutter. Als diese Feststellung getroffen wurde, hatte sie nur noch drei Tage bis die ihr von iihrem Vater gestellte Frist ablaufen würde, und sie ins Reich der Geister zurückkehren musste. Der Kaiser würde in dem Fall zu Stein erstarren.
Leider wird die Kaiserin begleitet von ihrer diabolischen Amme mit der sie in die Menschenwelt hinabsteigt und dort die Frau eines gewissen Baracks dazu bewegen der Kaiserin den eigenen Schatten abzutreten. Die Kaiserin ist sich jjedoch der Pflicht Barack gegenüber bewusst und deshalb zögert sie, den Schatten anzunhemen. Daraufhin werden die beiden Ehegatten in einem unterrdischen Kerker von einander getrennt. Vor dem Tempel der Geister trennt sich die Kaiserin von ihrer Amme, damit sie die letzte Prüfung bestehen kann. Indem sie auf das Wasser des Lebens und auf den Schatten der fremden Frau verzichtet,wird sie imstande sein sich selbst zu erlösen und auch den inzwischen versteinerten Kaiser.
Durch diese Selbstüberwindung wird sie der Gnade teilhaft und wird sie einen eigenen Schatten erhalten. Das auseinander gerissene Ehepaar wird wieder vereint, da auch diese beiden Menschen den Weg zueinander wiedergefunden haben.
Erst in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts hat diese Oper von Richard Strauss mehr internationale Anerkennung gefunden nachdem sich der Dirigent Karl Böhm (1894-1981) dafür nachdrücklich eingesetzt hat und an seine Überzeugung im bezug auf dieses Opus festgehalten hat, der kolossalen Anforderungen, die dieses Werk an alle daran Teilnehmenden stellt, zum Trotz.

Drei Akte
Richard Strauss hat auf der Basis dieses Hofmannsthal'schen Textes eine Oper in drei Akten komponiert, die am 10. Oktober 1919 Premiere in Wien hatte unter der Leitung von Franz Schalk (1863-1931), mit
dem Strauss in den Jahren 1919-1924 zusammen die Direktion der Wiener Oper gestellt hat. Die in jenen Tagen auf den iinternationalen Opernbühnen hoch angesehene Maria Jeritza hat bei dieser Gelegenheit die Titelrolle gesungen. Erst dreizehn Jahre später wurde in Salzburg eine Vorstellung von Die Frau ohne Schatten gegeben, und es hat bis 1940 gedauert bis in der Mailander Scala sich dieser Oper angenommen hat. 1966 folgte New York und sechs Jahre später triumphierte Die Frau..... in Paris.
Dieses grandiose und mit Recht anspruchsvolle Stück Musiktheater birgt zahlreiche Stile und verschiedene musikalischen Ausdrücksformenin sich: Elemente des Oratoriums — die sich sehr gut mit der hie und da einigermassen biblisch-ideologischen Atmospäre vertragen —, doch weiterhin auch die fur das Phänomen Oper so hervorragend geeignete Lyrik, der es gelingt den Inhalt einigermassen vom reserviert-Epischen abzuheben.
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[1]
http://www.dno.nl/index.php?m=performances&sm=season&s=237

Hugo von Hofmannsthal: Die Frau ohne Schatten — Erzählung.
Berlin 1919. — Neuausgabe 2006, herausgegeben von Joseph Kiermeier-Debre in der Reihe Bibliothek der Erstausgaben (dtv 2667). Deutscher Taschenbuch Verlag, München. ISBN 978-3-423-02667-7. Preis € 8,—.
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Abbildungen
1. Sängerin Doris Soffel.
Foto von Boris Streubel.
2. Hugo von Hofmannsthal.
3. Componist Richard Strauss. Zeichnung von Jarko Aikens, Groningen 1984.
(Archiv Heinz Wallisch.)
4. Dirigent Franz Schalk.
5. Vorderseite der Neuausgabe 2006 des Originaltextes der Hofmannsthal'schen Erzählung Die Frau ohne Schatten.

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Dienstag, 18. März 2008
La Traviata in der Wiederaufnahme der Niederländischen Reiseoper in dreizehn NL-Städten in diesem Frühjahr

Premiere am 22. März
Am Karfreitag wird die Niederländische Reiseoper ihre Tournee mit dreizehn Aufführungen der Verdi-Oper La Traviata nicht, wie das normalerweise der Fall ist, im 'eigenen Hause' in Enschede starten mit der Premiere, sondern diesmal im Theater Orpheus in Apeldoorn, gleichfalss nahe der niederländisch/deutschen Grenze.
Bis zum 26. April werden zwölf weitere Aufführungen geboten in ebensovielen niederländischen Städten zwischen Groningen und Maastricht.

Allererste Aufführung der Oper La Traviata
Die Prima rappresentazione dell'opera nuova La Traviata wurde am 6. März 1853 im Gran Teatro La Fenice zu Venedig gegeben. Für den Komponisten muss es sehr frustrierend gewesen sein mitzuerleben dass die Aufführung ein glatter Durchfall wurde. Und das nachdem er sechs Wochen zuvor einen ganz große Erfolg erlebt hatte mit Il Trovatore in Rom. In seiner Verdi-Biographie [1] spricht Johannes Jensen sogar von einem "unfreiwilligen Lacherfolg".

Aus einem Brief, den Verdi am Tag nach der Premiere an eine Freundin geschrieben hat, geht hervor dass er sich anfangs noch gefragt hat ob dieser Misserfolg vielleicht seine Schuld war oder ob dies an den Gesangsolisten gelegen hat. "Die Zeit wird urteilen."
Den Vorstellungen, die sofort nach der Erstauffuhrung gegeben wurden, erzielten jedoch das gleiche Resultat. Das war für den Bariton Felice Varesi (1813-1889) — der von Verdi schon als erster Macbeth und gleichfalls als erster Rigoletto in den gleichnamigen Musikdramen besetzt worden war — Anlass seine eigene Haut zu retten indem er sich öffentlich darüber beklagte dass es dem Komponisten diesmal nicht gelungen sei die verfügbaren Qualitäten seiner Sänger richtig einzusetzen.

Dennoch Erfolg
Im Jahr darauf hat Verdi, mit geringfügigen Änderungen dasselbe Musikdrama noch einmal auf die Bühne gebracht und es wurde ein großer Erfolg, sogar die zensierten Aufführungen an anderen Orten. Das liess für die Betroffenen nur noch die Schlußfolgerung zu dass es bei den ersten Aufführungen im Vorjahr an der drallen Hauptdarstellerin gelegen hat dass die Leute, anstatt wie das in der klassischen Oper fast immer üblich ist, in Mitleidenschaft gezogen wurden, sondern sich dem Lachen hingegeben hatten.
Schon 1848, gleich nach Erscheinen, hatte Verdi Die Kameliendame von Alexandre Dumas junior (1824-1895) gelesen und darin sofort die großen melodramatischen Möglichkeiten erkannt.
Der Erfolg des Buches hat sich bis in die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts fortgesetzt und da hat ein niederländischer Verleger sogar dem aus Deutschland stammenden und in den Niederlanden damals sehr erfolgreichen Maler und Zeichner Erasmus Bernhard von Dülmen Krümpelmann (1897-1987) den Auftrag erteilt für zahlreiche klassische Romane, unter denen auch Margaretha Gautier — wie der Titel der niederländischen Ausgabe lautet, nach der Protagonistin aus der in der Oper Violetta geworden ist — Aquarelle anzufertigen.

Große Stimmen
Zahlreiche große Sopranistinnen haben sich im Laufe der Zeit um die Rolle der Violetta — der Traviata — gekummert. Von den Größen im 20. Janhrhundert erinnern wir an Birgit Nilsson (1918-2005), Maria Callas 1923-1978), Renata Scotto (*1934), Mirella Freni (*1935) und Ileana Cotrubas (*1939). Viele andere Sängerinnen haben im Laufe der Zeit — nun mehr als anderthalb Jahrhundert — mit dieser Rolle ihren internationalen Durchbruch geschafft.

Infos zu La Traviata der Nederlandse Reisopera.
Die dreizehn Städte und ihre Theater in denen der Niederländische Reiseoper in den sechs Wochen mit La Traviata vorstellig werden wird, sind zu finden in der dazugehörigen Liste [2].
Das gilt genau so für die vokalen und instrumentalen Mitwirkenden dieser Wiederaufnahme [3].
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[1] Johannes Jensen: Verdi. Erschienen in der Reihe dtv-portrait. Leider ist die Ausgabe beim Verlag vergriffen, doch in vielen öffentlichen Bibliotheken wird das Buch noch vorhanden sein, und in einigen spezialisierten Buchhandlungen wird man es bestimmt auch noch finden können.

[2] http://www.reisopera.nl/nl/2451

[3] http://www.reisopera.nl/nl/2452
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Abbildungen
1. Szene aud der Traviata-Wiederaufnahme der Niederländischen Reiseoper. (Foto von Hermann und Clärchen Baus.)
2. Großanzeige für die Premiere von La Traviata in Venedig am 6.3.1853.
3. Der Bariton Felice Varesi. Lithographie von Joseph Kriehuber (1800-1876).
4. Aquarell von Erasmus Bernhard von Dülmen Krümpelmann für die niederländische Ausgabe in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts des Romans Die Kameliendame von Alexandre Dumas junior, nach dessen Vorlage Verdi seine Oper La Traviata komponiert hat.

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Samstag, 3. November 2007
Offenbachs Erfolgsoper Hoffmanns Erzählungen elf mal bei der niederländischen Nationale Reisopera

Neue Produktion
Heute, wird die niederländische Nationale Reisopera im eigenen Hause, die Twentse Schouwburg zu Enschede — im Osten des Landes, nahe an der deutsch/niederländischen Grenze — eine neue Produktion vorstellen von Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach (1819-1880). Nach dieser Premiere, bis zum 8. Dezember, werden noch zehn weitere Vorstellungen folgen in ebensovielen niederländischen Städten.
Es wird zwar Französisch gesungen, doch das ganze wird mit einer niederländischen Übertragung oberhalb der Bühne versehen.


Der an Gicht leidende Komponist hat die Premiere, am 10. Februar 1881 leider nicht mehr miterleben können, da er in der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober 1880 verstorben ist. Die Partitur war sogar unvollendet, doch die Erben haben Ernest Giraud — der zuvor auch George Bizets Carmen fertiggestellt hat — gebeten eine Bearbeitung vorzunehmen die dazu führt dass das Werk aufgeführt werden konnte.

Vokale und instrumentale Ausführende
Es singt der Chor der Nationale Reisopera, es spielt das Orkest van het Oosten Enschede, Dirigent ist William Lacey.
Die Solisten sind:
Hoffmann ― Gordon Gietz (T)
Nicklausse ― Judith Gennrich (S)
Lindorf / Coppélius / Dr. Miracle / Dapertutto ―
Franco Pomponi (B)
Cochenille / Frantz / Pitichinaccio ― Steven Tharp (T)
Olympia / Antonia / Giulietta ―Sally Silver (S)
La voix de la mère d’Antonia ― Elizabeth Sikora
Nathanaël ― Erik Slik (T)
Hermann /Schlémil ― Mattijs van de Woerd (B)
Crespel ― Jacques Does
Spalanzani ― Harry Nicoll

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Mittwoch, 26. September 2007
Niederländische Medea-Vorstellung mit Elzbieta Szmytka auf internationalem Niveau
Die niederländse Nationale Reisopera hat schon in den vergangenen Wochen quer durch das ganze Land acht Vorstellungen von Cherubini's Oper Medea gegeben und es werden bis zum 12. Oktober noch vier Aufführungen in ebensovielen Städten folgen.
Um mit der Medea — der aus Polen stammenden Elzbieta Szmytka — zu beginnen, muss man sagen dass die Leitung der Niederländischen Reiseoper wohl kaum eine bessere Wahl hätte treffen können. Ihre Gegenstimmen und -spieler haben sich alle gleichfalls von der besten Seite gezeigt.

Brillante Ausstattung
Auch die Ausstattung kann man nur in den höchsten Tönen loben. Wände und Mobiliar in art deco-Stil, wobei die durchsichtigen Spiegel bühnenhoch nicht nur den Zuschauerraum [*] klar wiederspiegelt haben bis die Lichter im Saal ausgegangen sind, sondern uns dazu noch den, sogar biblischen, Durchblick ermöglicht haben. Die Bühnenbildner haben hier genau das getan wozu Kunst gut sein sollte: uns einen ganz großen Spiegel vorgehalten.
Obwohl die Bühnen-Atmosphäre nicht an den mythischen Elementen vorbeigeht, war die ganze Presentation durchdrungen vom 20. Jahrhundert. Die hervorragend gestalteten Kostüme, mit in einigen Szenen sogar Nylonstrümpfen mit Naht — die jetzt, wo man sie kaum noch sieht, auf einmal eine stark erotische Wirkung erzeugt haben — mußten wohl den Eindruck einer vor-Kriegsperiode erwecken, doch man hat weitergedacht, und in späteren Szenen hat sich gezeigt dass man mit allem auf die Zeitlosigkeit der Tiefen im menschlichen Wesen — Haß und Rache, sowie verzerrende Boshaftigkeit bis zum Geht-nicht-mehr — hat hinweisen wollen. Als Medea ihre Kinder, die sie mit wiederum aktuellerem Spielzeug beglückt hat, in einen angrenzenden Raum entlässt, sieht man dort einen großen, breiten LCD-Fernseher, womit wir wohl in unsere eigenen Tage gelandet wären.

Kurz und gut, dies ist eine Medea-Vorstellung, die bis ins letzte Detail sich auf dem höchst denkbaren künstlerischen Niveau bewegt, und die deshalb mehr als 'nur' zwölf Auftritte verdient. Das Lob gilt nicht nur den Solisten, sondern ebenfalls dem Chor sowie dem instrumentalen Ensemble, in diesem Fall dem in Arnheim ansässigen Gelders Orkest unter der Leitung von Jan Willem de Vriend.
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[*]
Ich habe die Vorstellung im schönen fin-de-siècle Stadttheater von Groningen, mit ihrem vierstöckigen Zuschauerraum, am 25. Oktober gesehen.
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Die Szenenfotos sind von Hermann und Clärchen Baus.

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