Donnerstag, 18. September 2008
Noch ein Wochenende Olympia-Fotokunst zusammen mit chinesischen Bildern in Galerie Mooiman, Groningen (NL)
Großes Interesse
Da unser Beitrag vom 1. Juno auf dieser Seite [1] — über die vier zeitgenössischen niederländischen Fotografen, die zusammen in einer Ausstellung in der Galerie MooiMan, Groningen, vorgestellt wurden, — erstaunlicherweise nach der Ausstellungsperiode, noch öfter angefordert worden ist als während jener Zeit — und somit nach sehr kurzer Zeit an zweiter Stelle unserer Top 25 gelandet ist, scheint es angebracht, hier und heute darauf hinzuweisen dass es am kommenden Wochenende, Freitag 19., Samstag 20. und Sonntag 21. September in derselben Galerie in Groningen noch Gelegenheit gibt die Ausstellung From China to China zu besuchen. Da werden jetzt Arbeiten zweier Künstler — einerseits von Ewoud Broeksma, einem international hochangesehenen Fotografen, und mit ihm Kunstwerke vom jungen, in Berlin lebenden chinesischen Künstler Muskboy, vorgestellt.
Anlass zu dieser Ausstellung war die internationale, hoch kommerzielle, Manifestation in Beijing, die als Olympische Spiele 2008 gehandelt wird.
Broeksma's Bilder zeigen uns die zum Teil schönen und muskulösen Körper von einigen seiner vielen 'Olympischen Göttern', vor allem handelt sich dabei um Einzelpersonen: Radler, Athlet, Bodybuilder, Ruderer usw., doch gerade die beiden Fotos des Männerquartetts bei ihren sportlichen Vorbereitungen fällt ins Auge, da die Bilder identisch sind bis auf einem Punkt: einmal sind sie mit Sportkleidung versehen, das zweite Biild zeigt sie nackt. Letzteres ist fast immer die Regel wenn Ewoud Broeksma Sportler ablichtet.





Beijing als Anlass
Was jedoch kaum einer erwarter, der nicht in der Welt der Sportler ein wenig einheimisch ist, zeigt sich in fast allen ausgestellten Fotos: da werden fast nie männliche Geschlechtsteile gezeigt. Und gerade weil da so viele Nackten vorgestellt werden, fällt diese Dimension des Mann-Seins ins Auge, just indem der kleine Mann fehlt. Wäre der Anteil von Ewoud Broeksma's Fotos auf einige wenige beschränkt geblieben, wohl kaum einer wäre das als Besonderheit aufgefallen, bei der Menge seiner hervorragenden Beiträge fällt jedoch gerade diese fehlende Dimension auf. Es wird sogar geflüstert dass Sportler es nicht mögen sich frontal nackt zu zeigen, es sei denn man steht nicht alleine da.

Muskboy
Da das Galerie-Ehepaar — Jan van Stralen und Sandro Kortekaas — sich in diesem Fall nicht mit ausschließlich niederländischen Beiträgen für diese Ausstellung zufrieden geben wollte, haben die beiden gesucht und sind in Berlin fündig geworden. Dort lebt der junge chinesische Künstler Muskboy, der ursprünglich als einer der ganz wenigen Künstlern während der Olympischen Spiele ins Rampenlicht treten sollte. Doch seiner heikelen Thematik wegen hat man dort auf seine Mitarbeit verzichtet. Für uns im Westen, die wir in Sachen Erotik und Sexualität inzwischen viel weiter fortgeschrittenen sind als diktatorial geführte Staaten, ist sowas jedoch schon längst keine Besonderheit mehr.
In dem was der junge Chinese mit großem Potential bietet, ist noch nicht alles ausgereift: er kann viel und die Bilder lassen auch keinen Zweifel zu im Bezug auf die Thematik. Das Homoerotische in den meisten ausgestellten Arbeiten liegt auf der Hand. Sein Bild Love at first sight zeigt zwar das Geischt eines jungen Mannes, jedoch ohne jegliche Begleitfigur, die die Atmophäre hätte mitgestalten können, doch der Blick des Jungen zeigt genau das was Guy Hockenghem das homosexuelle Verlangen nennt und beschrieben hat in seinem 1973 erstmals erschienenen Buch mit diesem Titel, das handelt von der männlichen Homosexualität in Europa.

Profilierung
Obwohl die beiden jungen Männer von In the Navy im Ansatz etwas von den übermäßig bekannten Zeichnungen von einem gewissen Tom of Finland vorzeigen, hat Muskboy es nicht nötig sich mit überproportionierten, in ungereimte Perversität steigernden Geschlechtsteilen — und genau dadurch äußerst ausladenden Zeichnungen — zu profilieren. Was er dagegen noch braucht ist eine Vertiefung der Persönlichkeitsaspekte seiner Subjekte, denn die sind im Moment noch zu wenig ausgearbeitet. Selbstverstándlich hat es damit zu tun dass Muskboy alllzu sehr in einem Korsett eingeschnürt gewesen ist, doch er sollte auch noch die Überreste dieser ihm aufgedrängten Einschränkungen ad acta legen.
Sowas ist jedoch manchmal ein Wagnis das man nicht ohne weiteres einzugehen vermag. Dennoch ist es immer ein Versuch wert, da man nur gewinnen und niemals verlieren kann. Und das, so wird sich absolut herausstellen, wird dann auch nicht nur eine befreiende Wirkung mit sich bringen, sondern sogar die Erlösung, welche tief im Inneren allzu sehr eingschränkt existiert. Denn erst dann wird sich auch die Pfirsichblüte im chinesischen Fundament dieses Muskboy erst richtig und aufs Ganze entfalten können.

Abbildungen
1. Ewoud Broeksma: Wienand natural bodybuilder.
2. Ewoud Broeksma: Athletes dressed.
3. Ewoud Broeksma: Athletes undressed.
4. Muskboy: Love at first sight.
5. Muskboy: Peach blossom.
6. Muskboy: In the Navy.
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[1] http://kulturtempel.blogger.de/stories/1139555/

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Mittwoch, 10. September 2008
Das erste Katzenquintett bei mir zu Hause und im Garten (1) — Brüderlein und Schwesterlein im August 1992
An jenem Tag im August 1992 waren alle fünf Katzenkinder zu Hause, da der Tierarzt am Nachmittag kommen wollte um diese zu impfen. Normalerweise haben die ihre Abenteuer im Garten erlebt, doch damit wir beide draussen vor der Tür dann nicht zu suchen brauchten, hatte ich die Küchentür geschlossen gehalten.

Als der Tierarzt kam und sich die Katzen ansah, tat er sehr iiritiert. "Ich hatte dir doch gesagt dass die im Alter von drei Monaten geimpft werden müssen."
"Die sind am 16. Mai geboren und heute haben wir den 16. August, was willst du mehr?"
Doch damit gab sich der Tierarzt nicht zufrieden.
"Diese Kinder, wie du sie nennst, sind bestimmt schon acht Monate."
Obwohl er es eigentlich besser hätte wissen müssen, war er nicht der einzige der es mir nicht abnehmen wollte dass die indertat nur drei Monate alt waren. Seit sie neun Wochen alt waren, kamen die alle zusammen unter der Hecke hervor als ich in die Strasse neben mein Haus eingebogen bin. Die haben den Klang des Fahrrads erkannt, auch wenn ich zwischen mehreren anderen geradelt habe. Da waren sie alle überglücklich, sind doch ohne Ausnahme auf dem Gehsteig geblieben bis ich mit dem Rad und allem drum und dran zu ihnen gekommen bin.
Der Vollständigkeit halber muss ich hinzufügen dass auch andere Tierkenner und andere Tierärzte geglaubt haben diese fünf Katzen auf dem Foto seien mindestens acht boder gar neun Monate alt.
Auf dem Foto sitzt links die junge Dame Lena, die ab ihrer neunten Woche zwei der älteren Kater gefolgt ist, die immer mitgegangen sind wenn ich den Supermarkt in der Nachbarschaft aufgesucht habe. Die beiden waren auch schon jahrelang mitgegangen um mich zu einer der Bushaltestellen in der Nähe zu begleiten. Da haben die dann gewartet bis sie gesehen haben dass ich eingestiegen war und der Bus sich in Bewegung gesetzt hat. Vorher hatte ich dann schon angekündigt dass ich bei der anderen Haltestelle, meinem Haus gegenüber, zurückkommen werde. Das hat ausnahmslos geklappt.


Die Mutter dieser fünf Kindlein — die sich indertat alle wie Lausbuben benehmen konnten — hatte sich ein Jahr zuvor bei uns gemeldet da sie sich in meinen Kater Wanja verliebt hatte, doch der wollte sie nicht so viel in seiner Nähe haben; er fand sie einfach aufdringlich. Dann hat dieses kleine Luder — denn das war sie bis ungefähr neun Monate vor ihrem Tod — es so eingefädelt dass sie sich von einem anderen Kater hat schwängern lassen, und danach hat sie sich über Wochen wenig sehen lassen. Doch am Tage der Geburt ihrer fünf Kinder — die sie in einem kleinen Loch im Garten einige Augenblicke zurückgelassen hatte, weil sie noch etwas wichtiges erledigen mustte — kam ich unmittelbar nach der Entbindung nach Hause und da sah ich wie sie den roten Kater Wanja mit ihren Zähnen in den Nacken gepackt und ihn zu ihren Kindern mitgeschleppt hat.


Das bedeutete dass dieses Katzenquintett in den ersten Minuten nach der Geburt außer den Geruch ihrer Mutter, nur meine Hände, sowie Kater Wanja gerochen haben. Wahrscheinlich ist das die Erklärung dafür dass sie alle den Wanja einfach vergöttert haben. Immer waren sie in seiner Nähe, und das hat auch diese frühreife Lena wohl dazu veranlasst ihm und Kater Blacky hinterherzulaufen als die beiden mich zum Supermarkt begleitet haben. Die haben dann immer neben dem Wirtshaus an der Strassenecke auf mich gewartet, aber Lena wollte unbedingt mitkommen.
Da der Supermarkt an einer sehr belebten Hauptstrasse situiert ist, habe ich die beiden darum gebeten sich nachdrücklich um Lena zu kümmern, woraufhin sie diverse Laute von sich gegeben haben. Da hat mich Lena gehen lassen und ist sie zurück zu Wanja und Blacky gegangen, die sofort ihre Aufmerksakeit auf das Gebüsch neben dem Wirtshaus gelenkt und ihr dann gezeigt haben wie man darauf klettern kann. Sofort hat sie es nachgemacht, und mir wurde dann direkt klar dass ich diese junge Dame den beiden etwas älteren Herren mit ruhigem Gewissen überlassen konnte.


Immer als ich aus dem Geschäft wieder nach Hause ging, saßen zwei Kater in dem Gestrüpp um dann wieder mit nach Hause zu gehen. Dieses mal saß die liebe Lena zwischen den beiden und so konnten wir zu viert unseren relativ kurzen Weg in entgegengesetzte Richtung zurücklegen.
Fortsetzung folgt
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Abbildungen
1. Das erste Katzenquintett: Lena, Micha, Panda, Snoet (sprich Snut; ihren Kopf sieht man gerade nicht), und vorne liegend Sasja.
2. Moedertje (dt. Mütterchen), die leibliche Mutter dieses (und eines späteren) Katzenquintetts. Hier isst sie zusammen mit einem der Igel die zur Sommerzeit jede Nacht gekommen sind um das Katzenfutter zu essen.
3. Wanja, der von allen Katzenkindern heißgeliebte Ziehvater. Aufgewacht durch das Geräusch der Kamera.
4. Blacky, der damals am längsten bei uns wohnende Kater. Er sieht sich, vom Dach eines kleinen Nebengebäudes, die Welt unten an.

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Montag, 8. September 2008
Neuinszenierung von Richard Strauss' Die Frau ohne Schatten mit der umjubelten Doris Soffel als Amme

Noch sechs Vorstellungen im September
Am vergangenen Montag, 1. September, hat die Niederländische Oper im Amsterdamer Musiktheater die Premiere einer Neuinszenierung vom Musikdrama Die Frau ohne Schatten vorgestellt. Diese Oper wurde 1919 fertiggestellt von Richard Strauss (1864-1949). Die Rolle der Amme darin wird gesungen von der inzwischen sehr umjubelten Doris Soffel, die sich in letzter Zeit so nachdrucklich von vielen anderen Vokalistinnen abgehoben hat, vor allem im Repertoire von Richard Wagner (1813-1883) und Richard Strauss, wofür sie reichlich Ovationen geerntet hat.
Inzwischen hat auch die zweite Vorstellung, am vergangenen Freitag, bereits stattgefunden. Ab jetzt wird es in diesem Monat noch sechs Aufführungen im selben Haus in der niederländischen Hauptstadt geben: am Dienstag 9. und Freitag 12. September, am Dienstag 16. und Samstag 20., sowie am Dienstag 23. und letztendlich am Sonntag 28. September.
Mehr über die vokalen und instrumentalen sowie über alle anderen Schlüsselfiguren innerhalb dieser Produktion kann man finden auf der Webseite der Niederländischen Oper. [1]

Die Geschichte
Das Libretto stammt aus der Feder von Hugo von Hofmannsthal (1874-1929). Noch in derselben Zeitspanne hat der Autor die von ihm erdachte Handlung in eine Erzählung umgewandelt, die auch im selben Jahr in Berlin als Buch erschienen ist. Seit zwei Jahren ist diese als Neuausgabe der Originalfassung wieder erhältlich. Zur Vollstándigkeit sei übrigens darauf hingeweisen dass es Quellen gibt in denen behauptet wird dass doch es dch erst die ganze Erzählung gegeben hat bevor der Autor das Libretto für die Oper fertiggestellt hat. Die Erzählung gilt jedoch als ein kleines, kostbares Juwel der Wiener Neuromantik. Es handelt sich dabei um ein Märchen das voller Symbolik ist, welche man auf vielen Ebenen deuten kann. Der Grundgedanke ist die dass die menschliche Liebe erst Frucht tragen kann wenn die beiden zueinander gehörenden Partner durch Prüfungen, wahrhaftiges Leiden und Selbsteinsicht den Weg zueinander gefunden haben werden.
In dieser Geschichte hat der Kaiser einmal die 'Jagd' auf die Tochter des Geisterführers Keikobad eröffnet. Damals hatte sie die Gestalt einer Gazelle die er zur Kaiserin gemacht hat, Nachdem die beiden ein Jahr zusammengelebt hatten, war sie immer noch nicht mit einen Schatten versehen: das Zeichen einer werdenden Mutter. Als diese Feststellung getroffen wurde, hatte sie nur noch drei Tage bis die ihr von iihrem Vater gestellte Frist ablaufen würde, und sie ins Reich der Geister zurückkehren musste. Der Kaiser würde in dem Fall zu Stein erstarren.
Leider wird die Kaiserin begleitet von ihrer diabolischen Amme mit der sie in die Menschenwelt hinabsteigt und dort die Frau eines gewissen Baracks dazu bewegen der Kaiserin den eigenen Schatten abzutreten. Die Kaiserin ist sich jjedoch der Pflicht Barack gegenüber bewusst und deshalb zögert sie, den Schatten anzunhemen. Daraufhin werden die beiden Ehegatten in einem unterrdischen Kerker von einander getrennt. Vor dem Tempel der Geister trennt sich die Kaiserin von ihrer Amme, damit sie die letzte Prüfung bestehen kann. Indem sie auf das Wasser des Lebens und auf den Schatten der fremden Frau verzichtet,wird sie imstande sein sich selbst zu erlösen und auch den inzwischen versteinerten Kaiser.
Durch diese Selbstüberwindung wird sie der Gnade teilhaft und wird sie einen eigenen Schatten erhalten. Das auseinander gerissene Ehepaar wird wieder vereint, da auch diese beiden Menschen den Weg zueinander wiedergefunden haben.
Erst in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts hat diese Oper von Richard Strauss mehr internationale Anerkennung gefunden nachdem sich der Dirigent Karl Böhm (1894-1981) dafür nachdrücklich eingesetzt hat und an seine Überzeugung im bezug auf dieses Opus festgehalten hat, der kolossalen Anforderungen, die dieses Werk an alle daran Teilnehmenden stellt, zum Trotz.

Drei Akte
Richard Strauss hat auf der Basis dieses Hofmannsthal'schen Textes eine Oper in drei Akten komponiert, die am 10. Oktober 1919 Premiere in Wien hatte unter der Leitung von Franz Schalk (1863-1931), mit
dem Strauss in den Jahren 1919-1924 zusammen die Direktion der Wiener Oper gestellt hat. Die in jenen Tagen auf den iinternationalen Opernbühnen hoch angesehene Maria Jeritza hat bei dieser Gelegenheit die Titelrolle gesungen. Erst dreizehn Jahre später wurde in Salzburg eine Vorstellung von Die Frau ohne Schatten gegeben, und es hat bis 1940 gedauert bis in der Mailander Scala sich dieser Oper angenommen hat. 1966 folgte New York und sechs Jahre später triumphierte Die Frau..... in Paris.
Dieses grandiose und mit Recht anspruchsvolle Stück Musiktheater birgt zahlreiche Stile und verschiedene musikalischen Ausdrücksformenin sich: Elemente des Oratoriums — die sich sehr gut mit der hie und da einigermassen biblisch-ideologischen Atmospäre vertragen —, doch weiterhin auch die fur das Phänomen Oper so hervorragend geeignete Lyrik, der es gelingt den Inhalt einigermassen vom reserviert-Epischen abzuheben.
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[1]
http://www.dno.nl/index.php?m=performances&sm=season&s=237

Hugo von Hofmannsthal: Die Frau ohne Schatten — Erzählung.
Berlin 1919. — Neuausgabe 2006, herausgegeben von Joseph Kiermeier-Debre in der Reihe Bibliothek der Erstausgaben (dtv 2667). Deutscher Taschenbuch Verlag, München. ISBN 978-3-423-02667-7. Preis € 8,—.
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Abbildungen
1. Sängerin Doris Soffel.
Foto von Boris Streubel.
2. Hugo von Hofmannsthal.
3. Componist Richard Strauss. Zeichnung von Jarko Aikens, Groningen 1984.
(Archiv Heinz Wallisch.)
4. Dirigent Franz Schalk.
5. Vorderseite der Neuausgabe 2006 des Originaltextes der Hofmannsthal'schen Erzählung Die Frau ohne Schatten.

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Dienstag, 2. September 2008
Hugo von Hofmannsthal: Die Frau ohne Schatten — Fragment eines Gedichts aus 1915
Da in diesem Monat September in den Niederlanden — im Musiktheater Amsterdam — es acht mal eine Vorstellung einer Neuinszenierung der Niederländischen Oper vom Richard Strauss'chen Musiktheater-Opus Die Frau ohne Schatten aus 1919 geben wird — dazu mehr in unserem nächsten Beitrag —, schien es uns ein guter Gedanke zu sein Ihre Aufmerksamkeit für das Hofmannsthal'sche Gedicht — das vier Jahre früher entstanden ist als seine gleichnamige Erzählung — in Anspruch zu nehmen und ihnen nebenbei eine kleinere, schöne Sammlung von Gedichten dieses Autors ans Herz zu legen.
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DIE FRAU OHNE SCHATTEN (Auszug — 1915)

Die Ungeborenen

Hört, wir gebieten euch:
Ringet und traget,
daß unser Lebenstag
herrlich uns taget!
Wasihr an Prüfungen
standhaft durchleidet,
uns ists zu strahlenden
Kronen geschmeidet!
. . .

Vater, dir drohet nichts,
siehe, es schwindet schon,
Mutter, das Ängstliche,
das euch beirrte.

Wäre denn je ein Fest,
wären nicht insgeheim
wir die Geladenen,
wir auch die Wirte!
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Hugo von Hofmannsthal:
Die scheue Schönheit kleiner Dinge — Gedichte.
Auswahl und herausgegeben von Dorothea Tetzel von Rosador.
160 Seiten, kleiner Paperback; Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 2004.
ISBN 978-3-423-13256-6. Preis € 7,50.

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Sonntag, 31. August 2008
Aus Karl Kraus' Jahrmarkt der Gedanken
Was sich nicht alles entpuppen kann: ein Schurke und ein Schmetterling.

Ein Schein von Tiefe entsteht oft dadurch, daß ein Flachkopf zugleich ein Wirrkopf ist.

Man glaubt gar nicht, wie schwer es oft ist, eine Tat in einen Gedanken umzusetzen!

Die Funktion der Milz muß ähnlich sein wie die der Notare im Staate: notwendig, aber überflüssig.

An vieles was ich erst erlebe, kann ich mich schon erinnern.

Eines der verbreitesten Krankheiten ist die Diagnose.

Wenn der erst wüßte, wie ernst das Leben ist, er würde sich nicht erfrechen, die Kunst heiter zu finden.

Besser, es wird einem nichts gestohlen. Dann hat man wenigstens keine Scherereien mit der Polizei.

Eine Notlüge ist immer verzeilich. Wer aber ohne Zwang die Wahrheit sagt, verdient keine Nachsicht.

Man soll nicht mehr lernen, als man unbedingt gegen das Leben braucht.

Feuilletonisten und Friseure haben gleich viel mit den Köpfen zu schaffen.

Er hatte so eine Art sich in den Hintergrund zu drängen, daß es allgemein Ärgernis erregte.

Wider besseres Wissen die Wahrheit zu sagen, sollte für ehrlos gelten.

Die wahren Wahrheiten sind die, welche man erfinden kann.

Es gibt Schriftsteller, die schon in zwanzig Seiten ausdrücken können, wozu ich manchmal sogar zwei Zeilen brauche.

Nicht alles, wat totgeschwiegen wird, lebt.

Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, daß er die Menschen schlechter machen kann.

Der Historiker ist nicht immer ein rückwärts gekehrter Prophet, aber der Journalist ist immer einer, der nachher alles vorher gewußt hat.

Zu allen Dingen lasse man sich Zeit; nur nicht zu den ewigen.

Die Unsterblichkeit ist das einzige, was keinen Aufschub verträgt.
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Erlaubt ist, was mißfällt — Karl Kraus zum Vergnügen.
Herausgegeben von Günter Baumann. Mit 12 Abbildungen. Reclams Universal-Bibliothek 18467. Philipp Reclam jun. Stuttgart, 2007. ISBN 978-3-15-018467-7. Preis € 4,—
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Abbilldungen
1. Karl Kraus (1874-1936) 1901.
2. Vorderseite des Reclam-Bändchens aus 2007: Vergnügliches aus Karl Kraus' umfangreichem Oeuvre.

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Montag, 25. August 2008
Die rechte Stunde aus den Gedichten vermischten Inhalts von Annette von Droste-Hülshoff in Handschrift


Annette von Droste-Hülshoff hat ihre enorme Bekanntheit der eigenen Novelle Die Judenbuche aus den Jahren 1839/41 zu verdanken. Allein schon in Reclams Universalbibliothek ist diese Geschichte mehr als eine Million mal verkauft worden. Dieser Ruhm hat sich bis in andere Länder ausgeweitet, da gerade dieses Büchlein auch außerhalb des deutschen Sprachraums lang zur Pflichtlektüre bzw. zu den von Lehrern und Kennern der deutschen Weltliteratur empfohlenen Büchern gehört hat.
Als Dichterin stand sie ganz oben auf der Leiter der literarischen Welt in einer Zeit die vornehmlich noch von den Herren der literarischen Schöpfung dominiert wurde.
Sie wurde am 10. Januar 1797 auf Schloss Hülshoff bei Münster geboren und erhielt eine hervorragende Bildung. Sie hatte das besondere Glück schon in ihrer Jugend in Dichterkreise eingeführt zu werden, wo sie bekannt wurde mit August Wilhelm Schlegel (1774-1853), Karl Simrock (1802-1876) und Adele Schopenhauer (1797-1848). Eine Liebesbeziehung hatte die Droste mit dem Heine-Freund Heinrich Straube (1794-1847) Student zu Göttingen und dessen Freund August von Arnswaldt (1798-1855).
1838 ist die erste Gedichtsammlung von Annette von Droste erschienen. In den Jahren 1841-44 befand sie sich meistens am Bodensee, auf Schloss Meersburg. Dann begegnete sie Ludwig Uhland [1] und Gustav Schwab (1792-1850), sowie viele andere Persönlichkeiten aus dem Kulturleben.
Die Veröffentlichung der Novelle Die Judenbuche erlebte sie 1842 und zwei Jahre später ist eine zweite Gedichtsammlung erschienen. In jenem Lebensabschnitt wurde sie auch noch näher bekannt mit dem siebzehn Jahre jüngeren Levin Schücking (1814-1883) der Anfang der vierziger Jahre Bibliothekar auf Schloss Meersburg war. Ihre Liebe zu ihm war stark geprägt von mütterlichen Gefühlen. Im Jahre 1846 ist es jedoch zu einer schmerzlichen Trennung gekommen.
Annette von Droste starb am 24. Mai 1848. Ihre Gedichtsammlung Das geistliche Jahr, schon 1820 begonnen und zwischen 1837 und 1839 vollendet, wurde erst posthum veröffentlicht.

Die rechte Stunde

Im heitern Saal beim Kerzenlicht,
Wenn alle Lippen sprühen Funken; —
Und gar, vom Sonnenscheine trunken,
Wenn jeder Finger Blumen bricht; —
Und vollends an geliebtem Munde,
Wenn die Natur in Flammen schwimmt, —
Das ist sie nicht, die rechte Stunde,
Die dir der Genius bestimmt.

Doch wenn so Tag als Lust versank,
Dann wirst du schon ein Plätzchen wissen,
Vielleicht in deines Sofas Kissen,
Vielleicht auf einer Gartenbank:
Dann klingt's wie halb verstandne Weise,
Wie halb verwischter Farben Guß
Verrinnt's um dich, und leise, leise
Berührt dich dann dein Genius.

(Aus: Gedichte vermischten Inhalts)
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[1] Sehen Sie dazu unseren Beitrag vom Sonntag 17. August 2008:
http://kulturtempel.blogger.de/stories/1200053/
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Abbildungen
1. Handschrift des Droste-Gedichts Die rechte Stunde</>
2. Annette von Droste-Hülshoff im Jahre 1829. Zeichnung von Franz Nadorp (1794-1876).
3. Levin Schücking (1848), Bibliothekar und eine Zeit lang inniger Freund der Droste.

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Samstag, 23. August 2008
Kurt-Weill-Programm Sonntag, nachmittags 15:00 Uhr im nordniederländischen Midlaren bei Groningen
Da wir es oft erleben dass so manche norddeutsche Kulturfreunde sich in unsere Region der Niederlande begeben, sei darauf hingewiesen dass es am kommenden Sonntag, 24. Augustus, nachmittags ab 15:00 Uhr, eine Wiederholung des Kurt-Weill-Programms [1] des bei uns bekannten Duos: Gea Passies, Sopran, mit Johanan Havinga am Klavier, geben wird.


Diesmal wird das Konzert gegeben in Midlaren bei Groningen in der kleinen aber feinen Kulturstätte DE BARN — ein von der Inhaberin Marian Kooiman persönlich umgestalteter alter Bauernhof [2] — wo man sich im Garten auch noch so einiges an Kunstwerken anschauen kann: eine schöne und kulturell wichtige Beschäftigung für die Pausezeit.
Das Duo Passies/Havinga hat in diesem Jahr schon einige Male dieses Programm an verschiedenen Orten im Norden der Niederlande vorgestellt. Und ob der Saal oder die Terrasse voll war oder es da nur eine Hand voll Zuhörer gegeben hat, die Begeisterung war stets groß und die Anfragen um Wiederholung sind nicht ausgeblieben.


Später diese Woche, am Mittwoch 27. August, abends ab 19:30 Uhr wird dasselbe Programm im Museum De 5000 Morgen zu Hoogeveen vorgestellt. Mehr Daten und Informationen finden Sie auf der Webseite der beiden Musiker [3].
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[1] Sehen Sie dazu den Beitrag auf der niederländischen Kulturwebseite Cultuur in Groningen en omgeving am Freitag 4. April d.J.:
http://cultuuringroningen.blogspot.com/2008/04/liederen-van-kurt-weill-zondag-6-april.html
[2] Mehr über diese Kulturstätte finden Sie auf der Webseite von Marian Kooiman:
http://www.mcc-debarn.nl/Locatie-de%20Barn.html
[3] http://www.passieshavinga.nl/020_agenda.html
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Abbildungen
1. Das Duo Gea Passies, sopraan; Johanan Havinga, Klavier.
2. Der Innenraum des renowierten alten Bauernhofs De Barn zu Midlaren bei Groningen, voller rustikalischer Besinnlichkeit.

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Sonntag, 17. August 2008
Ludwig Uhlands Gedicht Der gute Kamerad aus 1809

Vor fast genau zwei Jahrhunderten, im Jahre 1809 — in der Periode (1801-1810) als er noch Rechtswissenschaften und Philologie an der Universität Tübingen studierte — hat Ludwig Uhland (1787-1862) sein Gedicht Der gute Kamerad geschrieben. Oben haben wir es in der Facsimile seiner Handschrift übernommen aus dem Buch Deutsche Gedichte in Handschriften das wir auch schon für den vorangegangen Artikel mit der Facsimile-Handschrift von Rainer Maria Rilke benutzt haben.
Ludwig Uhland war mit vierzehn Jahren Student, etwas das es in unserer Zeit nur als besondere Ausnahme gibt, jedoch in der Phase der Geschichte der deutschen Hochschulen nicht als außergewöhnlich galt. Nachdem er 1810 sein Dr. jur. erhalten hat, begab er sich nach Paris um dort altdeutsche sowie altfranzösische Handschriften zu studieren. Nach seiner Rückkehr ließ er sich Als Anwalt in Tübingen nieder. Schon während seiner Studienzeit hatte er die Bekanntschaft mehrerer bekannten Persönlichkeiten gemacht, unter denen Justinus Kerner (1786-1862), Karl August Varnhagen (1785-1858) sowie Adam Oehlenschläger (1779-1850), nach der Studienzeit kreuzten Adalbert von Chamisso (1781-1838) und Gustav Schwab (1792-1850) seinen Weg.
Eine Zeit lang war Uhland Sekretär im Justzministerium zu Stuttgart, doch ab 1814 hat er wiederum als Anwalt in Stuttgart praktiziert. Als liberaler Abgenordneter hatte er einen Sitz im württembergischen Landtag, zuerst für Tübingen, später für Stuttgart.
Von 1829 an war er Professor für Sprache und Litertur in Tübingen, einen Posten den er 1833 aufgeben mußte weil er in Opposition zur Regierung stand. Ab 1839 war er als Privatgelehrter in ansässig, ab 1848 als in der Frankfurter Paulskirche die erste Nationalversammlung abgehalten wurde, bekam er ein Mandat als abgeordneter der Liberalen.
Als Dichter muß man Ludwig Uhland — der sich der regional-schwäbischen Folklore mit biedermeierlichen Zügen verschrieben hat — der Spätromantik zurechnen. Seine Gedichte zeichnen sich aus durch ihre Feinsinnigkeit; viele davon sind sehr musikalisch geprägt, sowie von einer allgemeinen Gültigkeit, die weit über das persönliche Empfinden des Dichters hinausgehen.
Seine Bühnenarbeit war zwar wenigewr erfolgreich, dagegen hat Ludwig Uhland größe Verdienste für die Wiederbelebung mittelhochdeutscher Dichtung und für die Sagenforschung und wissenschaftlich fundierte Kommentare zu Volksliedsammlungen.


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Abbildungen
1. Facsimile des Gedichts aus 1809.
2. Ludwig Uhland, hier auf einem Gemälde aus 1818, von Gottlieb Wilhelm Morff (1771-1857).
3. Vorderseite der 64. Auflage der Gedichte, 1884 vom Verlag der J.G. Cotta'schen Buchhandlung publiziert.
4. Dasselbe Gedicht aus der unter 3 genannten Ausgabe.

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Donnerstag, 14. August 2008
Sonnett XXIX aus dem Zweiten Teil der Sonnette an Orpheus in Rainer Maria Rilkes eigener Handschrift
Speziell für die Feuerlibelle in Wien

Immer noch sehr beliebt
Aus Erfahrung wissen wir dass wir vielen unserer Leser eine Freude bereiten indem wir hier noch einmal einen Beitrag mit einem Gedicht von Rainer Maria Rilke (1874-1926) veröffentlichen. In dem sogenannten Top 25 — in unserem Fall geht es dabei um die 25 am meisten gelesenen Artikel dieser Webseite Kulturtempel — kommt dreimal ein Beitrag mit Rilke-Gedichten vor; schon an zweiter Stelle stehen Herbstgedichte dieses Autors die wir am 24. September vergangenen Jahres hier veröffentlicht haben, und an vierter Stelle noch einmal und zwar die anderen Herbstgedichte die wir Ihnen am 11. Oktober 2007 vorgestellt haben.
Heute zeigen wir erst einmal ein Gedicht in der persönlichen Handschrift Rainer Maria Rilkes, darunter folgt dasselbige noch einmal in Druckschrift.



Dieses Facsimile stammt aus einem Buch mit 45 solcher Beispiele — von Martin Luther bis Johann Martin Usteri — das im Insel-Verlag zu Leipzig vor etwa 70 jahren zum ersten mal erschienen ist unter dem Titel Deutsche Gedichte in Handschriften. Das Auffällige für die jüngeren Leser wird sein dass die damalige Redaktion nur sechs der abgedrukten Facsimiles im Anhang in Druckform beigegeben hat, und zwar als Fraktur, da man die übrigen nicht 'näher 'erklärten' Gedichte für gut leserlich gehalten hat.



Stiller Freund der vielen Fernen, fühle,
wie dein Atem noch den Raum vermehrt.
Im Gebälk der finstern Glockenstühle
laß dich läuten. Das was an dir zehrt,

wird ein Starkes über dieser Nahrung.
Geh in der Verwandlung aus und ein.
Was ist deine leidenste Erfahrung?
Ist dir Trinken bitter, werde Wein

Sei in dieser Nacht aus Übermaß
Zauberkraft am Kreuzweg deiner Sinne,
ihrer seltsamen Begegnung Sinn.

Und wenn dich das Irdische vergaß,
zu der stillen Erde sag: Ich rinne.
Zu dem raschen Wasser sprich: Ich bin.

AUS Die Sonnette an Orpheus Zweiter Teil, letztes Sonnett: XXIX (1922).

NB: Auf meiner niederländischen Literaturseite Tempel der Letteren findet man einen weiteren Facsimile-Beitrag mit einem Gedicht von Novalis. http://tempelderletteren.blogspot.com/2008/08/facsimile-van-een-novalis-gedicht-in.html
In Belgien habe ich, gleichfalls auf einer niederländischsprachigen Kulturseite namens Cultuurspectrum, aus demselben Buch ein Goethe-Gedicht veröffentlicht. Man kann das finden unter
http://blog.seniorennet.be/cultuurspectrum/archief.php?ID=86395

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Freitag, 8. August 2008
Gedichte von Rudolf Binding (1867-1938) -1-
Astronomisches Gespräch

Sieh den Mond mit schlanken Sichelarmen
glühend zucken nach de schönsten Sterne.
Süße Ferne,
wo Gestirne liebend sich umarmen!

»Meinst du gar sie werden sich erreichen?
Wird der junge Mond den Stern umfangen?
Hold Verlangen,
fern von dir zu stehen, dem Stern zu gleichen!«

Menschenaugen werden's nicht erspähen.
Doch im Licht des Tages scheu verborgen
mag der Morgen
der uns trennt sie bei einader sehen.

Und wenn Tag mit flammenden Alarmen
auf mich scheucht vom Lager der Geliebten
liegen wohl im Ungetrübten
Mond und Stern sich liebend in den Armen.

»Freund, so laß mich lieber dich umschlingen.
Gib den Tag als Mantel den Gestirnen.
Von den Firnen
schwand das Licht um uns die Nacht zu bringen.«

RUDOLF GEORG BINDING (13.8.1867—4.8.1938)
Aus: Tag der Liebe

Mehr von Rudolf Binding, in diesem Fall betrifft es eine Reihe Aphorismen über den gespiegelten Menschen, finden Sie auf meiner niederländischen Kulturwebseite Tempel der Wijze Woorden — auf der allerhand an Weisheiten in einigen europäischen Sprachen gesammelt wird — unter
http://tempelderwijzewoorden.blogspot.com/

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Mittwoch, 6. August 2008
"Zu den Zeiten Achills hatten die Griechen kein anders Buch als den Homer", hat Johann Galletti aufgezeichnet

Ich bin jetzt aus dem Konzepte gekommen und da dürft Ihr mich nicht darin stören.

Es ist eine üble Gewohnheit abends im Bette zu lesen, denn man hat Beispiele, daß mehrere Leute, die abends ihr Licht auszulöschen vergaßen, am Morgen, wenn sie aufwachten, verbrannt waren.

So, der Dritte wird nun der Sechste, und bis zum Zehnten muß jeder um zwei heraufrücken.

Zu den Zeiten Achills hatten die Griechen kein andres Buch as den Homer.

Wer über diesen Gegenstand etwas Schriftliches nachlesen will, der findet es in einem Buche, dessen Titel ich vergessen habe; es ist aber das 42. Kapitel.

Zu Portugal fängt das Klima erst in Februar an.

In Persien sind manche Berge so hoch, daß der Schnee nur auf Maultieren heruntergeschafft werden kann.

Die Inseln des Mittelmeeres sind alle großer oder kleiner als Sizilien.

Von Newton brauch ich nichts weiter zu sagen, als daß er gestorben ist.

Der afrikanische Löwe wächst bis zum zehnten Jahre und von da wird er immer größer.

Xerxes konnte seine Schiffbrücke nicht abbrechen lassen, weil der Sturm sie vorher zertrümmert hatte.

Beide, sowohl Karl als auch Karlemann sind starben, so daß nun beide gestorben sind.

Richard III ließ alle seine Nachfolger hinrichten.

Olaf VI war der Sohn Woldemars II, und alle Olafe hießen Olaf bis auf den 5ten, welcher Christian hieß.

Die Regierungen der Päpste waren nur kurz, obgleich immer den Sohn auf den Vater folgte.

Die eiserne Maske ist eine sehr merkwürdige Geschichte, von der wir aber gar nichts wissen.

Maria Theresia hatte bei ihrer Thronbesteigung viele Feinde: die Preußen, die Russen und die Österreicher.

Nach der Schlacht von Leipzig sah man Pferde, denen drei, vier und noch mehr Beine abgeschossen waren, herrenlos herumlaufen.

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Abbildungen
1. Johann Georg August Galletti (1750-1828), Lehrer am Gymnasium zu Gotha und 'Vater des unfreiwilligen Humors'.
2. Titelseite einer Sammlung deutschsprachigen, unfreiwilligen Humors, gesammelt und 1935 zum ersten mal herausgegeben von Ernst Heimeran (1902-1955), im eigenen Verlag zu München.

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Sonntag, 3. August 2008
Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit, und andere 'geistreiche Sinn- und Schlußreime' von Angelus Silesius

Ich weiß nicht, was ich bin, ich bin nicht, was ich weiß:
Ein Ding und nicht ein Ding: ein Tüpfchen und ein Kreis.

Mensch, wo du deinen Geist schwingst über Ort und Zeit,
So kannst du jeden Blick sein in der Ewigkeit.

Mensch, wo du noch was bist, was weißt, was liebst und hast,
So bist du, glaube mir, nicht ledig deiner Last.

Tod ist ein selig Ding: je kräftiger er ist,
Je herrlicher daraus das Leben wird erkiest.*
[* — hier: erkoren]

Indem der weise Mann zu tausendmalen stirbt,
Er durch die Wahrheit selbst um tausend Leben wirbt.

Ich lieb ein einzig Ding und weiß nicht, was es ist:
Und weil ich es nicht weiß, drum hab ich es erkiest.

Wer nichts begehrt, nichts hat, nichts weiß, nichts liebt, nichts will,
Der hat, der weiß, begehrt und liebt noch immer viel.

Zeit ist wie Ewigkeit un Ewigkeit wie Zeit,
So du nur selber nicht machst einen Unterscheid.

Was martest du das Erz; der Eckstein ist's allein,
Indem Gesundheit, Gold und alle Künste sein.

Wer in der Sonnen ist, dem mangelt nicht das Licht,
Das dem, der außer ihr verirret geht, gebricht.

Ein Auge, das sich nie der Lust des Sehns entbricht,
Wird endlich gar verblend't und sieht sich selbsten nicht.

Das Wort, das dich und mich und alle Dinge trägt,
Wird wiederum von mir getragen und gehegt.

Der Mensch ist alle Ding: ist's, daß ihm eins gebricht,
So kennet er fürwahr sein Reichtum selber nicht.

Du sprichst, m Firmament sei eine Sonn allein:
Ich aber sage, daß viel tausend Sonnen sein.

Mensch, wo du ledig bist, das Wasser quillt aus dir
Sowohl als aus dem Brunn der Ewigkeit herfür.

Die Weisheit find't sich gern wo hre Kinder sind.
Warum? O Wunderding: sie selber ist ein Kind.

Die Weisheit schauet sich in ihrem Spiegel an.
Wer ist's? Sie selber, und wer Weisheit werden kann.

Man red't von Zeit und Ort, von Nun und Ewigkeit:
Was ist denn Zeit und Ort und Nun und Ewigkeit?

Ich ward das, was ich war, und bin, was ich gewesen,
Und werd es ewig sein, wenn Leib und Seel genesen.

Der Ort und 's Wort ist eins, und wäre nicht der Ort,
Bei ew'ger Ewigkeit, es wäre nicht das Wort.

Abbildungen
1. Angelus Silesius hieß mit bürgerlichem Namen Johannes Scheffler (1624-1677).
2. Vorderseite der Ausgabe, 1960 erschienen in der Reihe Goldmanns Gelbe Taschenbücher mit damals noch einem Leinenrücken. Damals hat die Ausgabe 2 Mark gekostet, eine Liebhaberausgabe in Leinen vom selben Verlag hat DM 8,50 gekostet.
Die Taschen-Ausgabe fand ich 1994 in einem niederländischen 'Kreislaufladen' zwischen vielen hunderten schlimm-billigen Taschenbüchern sowie 'Altpapier' für den Preis von zehn (NL-Gulden)Cent. Im vergangenen Jahr fand ich bei den abgeschriebenen Büchern eines Antiquariats in meiner Stadt die gebundene, noch völlig neue Ausgabe für einen halben Euro.

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Montag, 28. Juli 2008
Michelangelo Antonioni's La Notte, ein Meilenstein der Filmgeschichte aus 1961, heute und morgen auf Arte
Zweimal innerhalb eines Tages
Heute, Montag 28. Juli, abends ab 21:00 Uhr, sowie morgen, Dienstag 29. Juli, am Nachmittag ab 14:55 Uhr bietet der französisch-deutsche Kultursender Arte den Zuschauern die Möglichkeit, eine der besten Filmklassiker aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf dem Wohnzimmerbildschirm (noch einmal) zu sehen: La Notte aus dem Jahre 1961 von Michelangelo Antonioni (1912-2007).
Obwohl der Film seit fast einem halben Jahrhundert existiert, hat die Thematik darin — ein fast komplett ausgelebtes Mann/Frau-Verhältnis — an Aktualität nichts eingebüßt.
Die wichtigsten Rollen in La Notte werden gespielt von der, schon damals ansatzweise spürbaren, französischen Grande Dame du Cinéma, Jeanne Moreau (geboren 1928) und von dem italienischen Liebling der Frauen: Marcello Mastroianni (1924-1996), sowie von der Italienerin Monica Vitti (geboren 1931) — die mit Antonioni auch L'avventura (1960) und L'eclisse (1962) gedreht hat — und dem deutschen Filmschauspieler und Regisseur Bernhard Wicki (1919-2000).
Die Geschichte spielt sich an einem Wochenende im italienischen Mailand, innerhalb von 24 Stunden ab. De Eheleute Lidia und Giovanni haben sich so weit auseinander gelebt dass die sich sogar nichts mehr zu saegen haben. Das führt dazu dass Lidia ihren eigenen Gang geht während Giovanni sich auf einem Empfang bei einem seiner Verleger aufhält. Dasselbe passiert später am Tag noch einmal als die beiden bei einem Großindustriellen eingeladen sind. Erst in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages, als sie die Nachrict bekommen haben dass ein Freund der beiden gestorben ist, unterhalten die beiden sich endlich.
Mehr dazu auf der Arte-Website — Programm-Info: http://www.arte.tv/de/woche/244,broadcastingNum=862268,day=3,week=31,year=2008.html


Abbildungen
1. Der Regisseur und Grand Old Man Michelangelo Antonioni.
2. Voorzijde van de dvd-uitgave van La Notte.

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Freitag, 11. Juli 2008
Alle zerstreute Kraft ist unvolkommen,"nach der festen Überzeugung von Meister Eckhart (ca. 1260-1328)
Ein freies Gemüt vollbringt jedes Ding.

Wo Leib und Seele miteinander in Eintracht sind, sind alle Werke dem Menschen süß und lustvoll.

Wer unbetrübt und lauter sein will, der muß eines besitzen, das ist die innere Einsamkeit.

Je mehr die Seele über irdische Dinge erhaben ist, desto mehr Kraft hat sie.

Der Mensch ist ein kleines Ding, wenn er sich nicht über sich selbst und alle Dinge zu erheben vermag.

Wer werden will, was er sein soll, der muß das abstreifen, was er heute ist.

In dem Maße als du deiner selbst ldig bist, in demselben Maße bist du deiner selbst mächtig, und so viel als du deiner selbst mächtig bist, eben so viel bist du dein eigen, und so viel als du dein eigen bist, so viel ist Gott dein eigen und alles, was Gott jemals geschaffen hat.

Wer in seinem eigenen Hause fremd sein könnte, das wäre die wahre Armut.

Alle Liebe dieser Welt ist gegründet auf Eigenliebe. Hättest du die gelassen, so hättest du die ganze Welt gelassen.

Niemals kann man ein Ding recht in sich selbst erkennen, wenn man es nicht in seiner Ursache erkennt. Niemas kann es Erkenntnis heißen, wenn sie nicht das hervorbringende Ding kennt.

Lerne dich selbst erkennen, dann ist dit besser, als wenn du aller Kreaturen Kräfte erkennst.

Es ist der Menschen Gewohnheit, das ihnen wenig schmeckt, was sie nicht mit leiblichen Sinnen begreifen können.

Alles was leiblich ist, ist ein Abfall und ein Zufall und ein Niederfall.

Das Edelste, das in dem Menschen ist, das ist Blut, wenn es zu Gutem treibt; aber das Ärgste, das in dem Menschen ist, das ist Blut, wenn es Böses will.

Dich kann niemand behindern als du dich selber.

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Abbildungen
1. Seite mit zwei Abbildungen aus (der niederländischen Ausgabe von) Jeanne Ancelet-Hustache: Eckhart en de mystiek van zijn tijd (aus dem Französischen übersetzt von K. Luberti, und erschienen in der Reihe Pictura vom Verlag Het Spectrum, Utrecht, 1961.
2. Vorderseite von Meister Eckhart — Ein Breviarium aus seinen Schriften. Vergriffene Ausgabe in der Reihe Insel Bücherei (nr. 280). Antiquarisch ist es ohl noch zu haben.

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