Samstag, 27. September 2008
Noch ein Gedicht in der Handschrift von Ludwig Uhland — Einkehr (1811)


E I N K E H R

Bei einem Wirthe, wundermild,
Da war ich jüngst zu Gaste;
Ein goldner Apfel war sein Schild
An einem langen Aste.

Es war der gute Apfelbaum,
Bei dem ich eingekehret;
Mit süßer Kost und frischem Schaum
Hat er mich wohl genähret.

Es kamen in sein grünes Haus
Viel leichtbeschwingte Gäste;
Sie sprangen frei und hielten Schmaus
Und sangen auf das beste.

Ich fand ein Bett zu süßer Ruh
Auf weichen grünen Matten;
Der Wirth, er deckte selbst mich zu
Mit seinem kühlen Schatten.

Nun fragt' ich nach der Schuldigkeit,
Da schüttelt er den Wipfel.
Gesegnet sei er allezeit
Von der Wurzel bis zum Gipfel!

Aus: Wanderlieder (№ 7)
LUDWIG UHLAND (1787-1862)

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Abbildungen
1. Gedichthandschrift Uhlands, 1811.
2. Ludwig Uhland. Ölgemälde von Christoph Friedrich Dörr. Um 1810.
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Bitte sehen Sie auch unseren vorigen Beitrag vom 17. August, mit einem Gedicht in Uhlands Handschrift und dazu eine kurze Beschreibung seines Lebens.
http://kulturtempel.blogger.de/stories/1200053/