Dienstag, 23. September 2008
Friedrich von Schiller — Hoffnung
H O F F N U N G

Es reden und träumen die Menschen viel
Von bessern künftigen Tagen,
Nach einem glücklichen goldenen Ziel
Sieht man sie rennen und jagen,
Die Welt wird alt und wird wieder jung,
Doch der Mensch hofft immer Verbesserung!

Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
Den Jüngling begeistert ihr Zauberschein,
Sie wird mit dem Greis nicht begraben,
Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
Noch am Grabe pflanzt er — die Hoffnung auf.

Es ist kein leerer schmeichelnder Wahn,
Erzeugt im Gehirne des Toren.
Im Herzen kündet es laut sich an,
Zu was besserm sind wir geboren,
Und was die innere Stimme spricht,
Das täuscht die hoffende Seele nicht.
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Aus: Friedrich Schiller: Gedichte erster Teil 1804.

Das Gleiche findet man, selbstverständlich, in:

Friedrich Schiller: Sämtliche Gedichte und Balladen, herausgege ben von Georg Kurscheidt. Einmalige Sonderausgabe, 2004, erschienen im Insel Verlag.