Samstag, 29. Dezember 2007
Aus Rainer Maria Rilke's 'Buch der Bilder' (1902/1906)

MENSCHEN BEI NACHT

Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht.
Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht,
und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
Und machst du nachts deine Stube licht,
um Menschen zu schauen ins Angesicht,
so mußt du bedenken: wem.

Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,
das von ihren Gesichtern träuft,
und haben sie nachts sich zusammengesellt,
so schaust du eine wankende Welt
durcheinandergehäuft.
Auf ihren Stirnen hat gelber Schein
alle Gedanken verdrängt,
in ihren Blicken flackert der Wein,
an ihren Händen hängt
die schwere Gebärde, mit der sie sich
bei ihren Gesprächen verstehn;
und dabei sagen sie: Ich und Ich
und meinen: Irgendwen.


DER NACHBAR

Fremde Geige, gehst du mir nach?
In wieviel fremden Städten schon sprach
deine einsame Nacht zu meiner?
Spielen dich hunderte? Spielt dich einer?

Giebt es in allen großen Städten
solche, die sich ohne dich
schon in den Flüssen verloren hätten?
Und warum trifft es immer mich?

Warum bin ich immer der Nachbar derer,
die dich bange zwingen zu singen
und zu sagen: Das Leben ist schwerer
als die Schwere von allen Dingen.
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Weitere Gedichte von Rilke wurden, passend zur Jahreszeit Herbst, schon auf dieser Kulturwebseite aufgenommen. Dazu lese man:
http://kulturtempel.blogger.de/stories/919302/#946560
sowie:
http://kulturtempel.blogger.de/stories/935800/
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Abbildungen
1. Rainer Maria Rilke in seinem Arbeitszimmer in Westerwede, 1901.
2. Titelmotiv (nach einer Zeichnung von Heinrich Vogeler) auf dem Insel-Bändchen Das Buch der Bilder.

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Montag, 24. Dezember 2007
Die Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff ist heute achtzig Jahre geworden — Ihr Leben in 13 Büchern
Ein halbes Jahrhundert Bücher veröffentlichen
Wenn es, just an diesem Tage im Jahr kein Grund ist zum Jauchzet, frohlocket da die feinfühlige, ab und zu etwas damenhafte Schriftstelllerin Angelika Schrobsdorff achtzig Jahre alt wir, wann denn dann? Ihr Verlagshaus, dtv, hat die Presse rechtzeitig darüber informiert und so hat man sich etwas vorbereiten können. Etwas mehr als man noch in Erinnerung hatte aus den Büchern die man vor etwa einem Jahrzehnt gelesen hatte, und von denen man sich den Witz (Ironie und Selbstspott), das im positiven Sinne hoffnungsvolle, jedoch ohne Realitätsverlust, erinnern konnte. Seitdem waren jedoch noch wieder einige neue Bücher von ihr erschienen, vor allem keine Belletristik, sondern Erinnerungen an Stationen ihres Lebens.

Berlin und Bulgarien
Angelika Schrobsdorff wurde am 24. Dezember 1927 in Freiburg Breisgau) geboren und lebte eine zeitlang in Berlin, bis sie mit ihrer jüdischen Mutter 1939 vor den Nazis fllüchten mußte. Sie landeten in Bulgarien, anfangs in Sofia und später auf dem Land untergetaucht um den Giftkrallen der bestialischen Hitler-Monstern zu entgehen.1947 kehrte sie nach Deutschland zurück. In 1971 heiratete sie den französischen Philosophen, Journalisten, Filmregisseur und Professor für Filmdocumantationen, der außerdem redakteur der Sartre/Beauvoir-Zeitschrift LesTemps Modernes war.

Erste Erfolge
Doch da hatte sie schon einige Bücher geschrieben, als erste Die Herren ein Roman der wegen des psychologisch-erotischen Inhalts beim Erscheinen 1961 fur Skandale gesorgt hat. Es hat jedoch leider nicht dazu geführt dass die offizielle deutsche Literaturgeschichtsschreibung sich etwas mehr mit dieser Schriftstellerin befasst hat, denn man findet sie in kaum einem Literatur-Lexikon.
Ihr Zeitgenosse — der Schriftsteller-Kollege der mit seinen millionenfach verkauften Büchern, die irgendwo zwischen Unterhaltungslektüre und Belletristik angesiedelt sind — Johannes Mario Simmel, hat sich in einem Satz sehr lobend geäußert: "Die Schrobsdorff hat ihr Leben lang nur wahre Sätze geschrieben." Solches Lob könnt man sich wohl einrahmen.

In Israel
Als sie 1983 beschloss nach Israel zu emigrieren, und sich erst einmal in einem schönen arabischen Haus mit Blick auf die Judäische Wüste niedergelassen hat, konnte sie auch noch nicht ahnen welche Schwierigkeiten ihr noch bevorstehen würden. Auch darüber hat sie berichtet in verschiedenen Büchern. Ein anderes aus der Zeit ist die herzerwärmende Liebeserklrung an die älteste Stadt der Welt, 250 Meter unter dem Meeresspiegel, mitten iin der Wüste von Judea: Jericho. "Ach, das war schön, als wir in Vollmondnächten ans Tote Meer und nach Jericho fuhren."

Die besondere Mutter
Jeder kann verstehen dass die besonderen Lebensumstände ihrer jungen Jahren den weiteren Verlauf ihrer Existenz nachhaltig geprägt haben. Simone de Beauvoir hat für das Buch Die Reise nach Sofia in ihrem Vorwort auch darauf hingewiesen wie sehr es Angelika Schrobsdorff gelungen ist die Gegensätze ihres Lebens in einer ganz eigen, tief empfundenen Sprache wiederzugeben. Das gilt auch für das Porträt ihrer Mutter in dem Buch Du bist nicht so wie andre Mütter — Die Geschichte einer leidenschaftlichen Frau, eine Darstellung des Lebens ihrer Mutter, das eine so enorme Diskrepanz gekannt hat: von der reichen, unbekümmerten Jugend in einer jüdischen Familie im Berlin am Anfang des 20. Jahrhunderts, bis zur völligen Besitzlosigkeit als Resultat des Nazi-Terrors. Doch da sagt die Else dass man zum leben nicht mehr braucht als ein Bett, ein Tisch, zwei Stühle und viel Liebe. Und so gelingt es dieser starken Frau das Prinzip Hoffnung aufrechtzuerhalten. Genau wie die Mutter diese Gegensätze in ihrem Leben zu meistern weiß, gelingt es ihrer Tochter diese literarisch — mit Liebe und Achtung, doch genauso, wenn erforderlich, mit kritischem Abstand — einzufangen, und das ist eine Glanzleistung der besonderen Klasse.
Man darf also, auch dazu, im Nachhinein gratulieren.

Für mehr Informationen über die 13 Bücher von Angelika Schrobsdorff, welche im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienen sind, klicken Sie einfach die dtv-Website an: http://www.dtv.de/
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Das Foto von Angelika Schrobsdorff wurde als Ausschnitt dem Umschlag ihres Buches Grandhotel Bulgaria — Heimkehr in die Vergangenheit (dtv 24115) entnommen.

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Sonntag, 23. Dezember 2007
Altniederländischer Maler Karel du Jardin wird geehrt mit einer Ausstellung und einem zweisprachigen Buch
Berühmt und gefeiert
Der niederländische Künstler Karel du Jardin, einer der Meister aus dem Goldenen Zeitalter — ndl. Gouden Eeuw: Goldenes Jahrhundert — war einer der vielseitigsten Maler seiner Zeit. Unter seinen Pinseln wurden nicht nur historische Szenen zum Leben erweckt, sondern auch die vielen von ihm gemalten Landschaften — welche man heutzutage immer noch als atemberaubend empfindet — und nicht zuletzt die Porträts von Persönlichkeiten, die vor allem Auftragswerke des Adels seiner Zeit waren. Nebenher hat er noch allerhand Themen verwewigt, was bis dato wohl kaum einer, und sicherlich kein Künstler des Goldenen Zeitalters der niederländischen Malerei, realisiert hatte.

Ausstellung und neues Buch
Seit dem 14. Dezember — bis 15. März 2008 — gibt es im Amsterdamer Rijksmuseum eine Ausstellung mit Gemälden, und dazu gibt es dieses neue, zweisprachige schön gestaltete Buch (Niederländisch und Englisch) über Karel du Jardin, eine Arbeit von Jennifer Kilian, Expertin für die niederländische Kunst des siebzehnten Jahrhunderts. Ihr hervorragender Text sowie das dazu gehörige außerordentliche Bildmaterial, ist das Resultat einer Zusammenarbeit zwischen dem Amsterdamer Rijksmuseum — wo man eine der meist representativen Gemäldesammlungen dieses Künstlers überhaupt antreffen kann — und dem Verlagshaus Nieuw Amsterdam Uitgevers.

Du Jardins Leben
Die Lebensgeschichte dieses Malers spielt sich ab — wie auf der Hinterseite des Buches notiert wurde — zwischen anfänglicher Armut und späterer Reichtum.
In einer Nebenstrasse der Amsterdamer Innenstadt wurde Karel du Jardin 1626 geboren, und ihm ist es gelungen sich durch sein Talent aufzuarbeiten bis er in einer der heute international berühmten Grachtenhäuser an der Keizersgracht residieren konnte. Er unterhielt intensive Kontakte zu wichtigen Persönlichkeiten seiner Zeit, unter denen auch zu Michiel de Ruyter, dem Seehelden seiner Zeit. Ihn hat er in einer seiner berühmtesten Gemälden, aus 1669, für die Nachwelt porträtiert.
Dieser Maler hat auch gerne andere Länder besucht, sowie Frankreich und Italien. Eine dieser Reisen ist ihm letztendlich zum Verhängnis geworden: als er 1678 Venetien besucht hat und dort schon vom Fieber heimgesucht wurde, hat er sich einer allzu reichlichen Mahlzeit hingegeben, und es sieht danach aus dass er demzufolge — an einer dadurch entstandenen Vergiftung — gestorben ist.
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Jennifer Kilian: Karel du Jardin 1626-1678.
80 Seiten 24,5 x 28,5 cm; reichlich illustriert.
Amsterdam, Rijksmuseum und Nieuw Amsterdam, Uitgevers, 2007.
ISBN 978-90-8689-030-9.
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Abbildungen
1. Vorderseite des gerade erschienenen Buches.
2. Portrait eines Mannes, 9,4 x 8 cm.
(Preussischer Kulturbesitz, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, Berlin.)

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Donnerstag, 20. Dezember 2007
Neue Inszenierung der Leharschen 'Lustigen Witwe' Freitag aus der Dresdener Semper Oper auf Arte-TV
Semper Oper Dresden
Am Freitag, 21. Dezember, kann man Augen- und Ohrenzeige sein von einer Neuinszenierung der Operette Die lustige Wite aus 1905, von dem von Welterfolgen gekrönten König des damaligen Musiktheaters Franz Lehár (1870-1948), der gerade in dem Moment als die Operette als Theater- und Kunstform totgesagt worden war, mit diesem Werk das Gegenteil bewiesen hat. Der deutsch-französische Kultursender Arte stellt die Première aus der Dresdener Semper Oper vor — live, jedoch zeitversetzt — ab 22:05 Uhr. Die Aufführung dauert ungefähr 135 Minuten.
Es handelt sich, nach Arte-Infos, um eine Inszenierung, die als Hommage an das Goldene Zeitalter von Hollywood der Revue-Filme und an die dazu gehörige Musik verstanden werden soll, und welche in Form einer bonbon-bunte wie subtile Aufführung (Regie: Don Kent) präsentiert wird.
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Abbildungen
1. Die Semper Oper zu Dresden.
2. Franz Lehár in der Zeit als er schon ein erfolgreicher Komponist war.

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Sonntag, 16. Dezember 2007
Andersen-Verfilmung von Jean Renoir, ab Dienstag viermal auf Arte-TV in der zweiten Dezemberhälfte
Eine deutsch-französische Koproduktion
Am Dienstag, 18. Dezember, gerade noch vor Mitternacht, um 23:55 Uhr, wird der Französisch-Deutsche Kultursender Arte den französischen Stummfilm aus 1928 von Jean Renoir (1894-1979) Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen senden. Das Drehbuch schrieb der Regisseur selbst nach einer Vorlage vom dänischen Märchenautor Hans Christian Andersen (1805-1875).
Drei Wiederholungen, an verschiedenen Tagen und Zeitpunkten, sorgen dafür dass soviele Menschen wie nur irgendwie möglich diesen Film sehen können, wenn die das möchten.
Ohne das dies beabsichtigt war, ist es schon 1928 eine deutsch-französische Koproduktion geworden, da es zwei Regisseure gab: neben dem Franzosen Jean Renoir, diesen zweiten Regisseur, der Jean Tedesco hieß und die Ehegattin Renoir — die Modell für den Vater des Regisseurs, den famosen Impressionisten Pierre-Auguste Renoir war — die von sich Andrée Heuchling hieß, sich jedoch als Filmschauspielerin das Pseudonym Catherine Hessling gewählt hat.


Kurzfilm
Der relativ kurze Film (manche Quellen nennen eine Länge von 39 Minuten, Arte hält dagegen mit 32 Minuten. Heutzutage wird der Film auch in der Kategorie Fantasie gehandelt. Für die Einspielung der Musik haben Manuel Rosenthal und Michael Grant gesorgt. Die hervorragende, evokative Kameraführung von Jean Bachelet ist immer noch verblüffend. Neben Frau Renoir (Catherine Hessling in der Hauptrolle) treten Jean Storm und Manuel Raaby, sowie Aimée Tedesco (die sich Amy Wells nannte) auf.

Wiederholungen
Drei Wiederholungen wird Arte senden. Die erste am Montag 24. Dezember, morgens um 09:50 Uhr, die zweite wird am Donnerstag 27. Dezember ausgestrahlt um 11:20 Uhr, und am Silvester, 31. Dezember kann man ab 14:00 Uhr mittags den Film (noch einmal) sehen.

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Abbildungen
1. Der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen.
2. Der französische Filmemacher und -produzent, Drehbuchautor und Filmschauspieler Jean Renoir.
3. Foto aus dem Film La petite marchande d'allumettes aus 1928.
4. Noch ein Foto aus demselben Film.

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Montag, 10. Dezember 2007
Anton von Webern, Meister der kleinen Form, eine ganze Woche 'Composer of the Week' auf BBC Radio 3
In dieser Woche steht der österreichische Komponist Anton von Webern — der Großmeister der musikalischen Beschränkung — in einem der am längsten gesendeten Programmen von BBC Radio 3, als Composer of the week im 'Rampenlicht' der Ätherwellen. Von Montag bis Freitag, jedesmal zwischen 13:00 Uhr und 14:00 Uhr wird also etwahn funf Stunden lang Musik aus seinem relativ kleinen Oeuvre vorgestellt. Das besondere an dieser Reihe ist dass die Sendung vom Nachmittag am selben Abend wiederholt wird, zwischen 21:45 Uhr und 22:45 Uhr, damit Leute die tagsüber ihrer Arbeit nachgehen müssen, nicht allzu spät am Abend imstande sind sich diese überdurchschnittliche Musiksendereihe mit bekannten und nicht sehr alltäglichen Komponisten anzuhören. Dazu kommt dass am Dienstag, gleich nach der Sendung mit einer ganze Stunde Webern-Musik, zwischen 14:00 Uhr und 18:00 Uhr die Sendereihe Afternoon on 3 auch noch ein Werk von Webern vorstellt. Da diese Sendung vier Stunden
dauert, ist es wohl besser zu wissen dass Opus 7 von Webern, Vier Stücke für Violine und Klavier, als zweites Werk von den zwölf an diesem Nachmittag vorgestellt wird, gleich nach der Sonate von Leoš Janáček.
Die Sendereihe Composer of the week ist sehr erfolgreich und wird seit kurzer Zeit vorgestellt von Donald Macleod.

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Samstag, 8. Dezember 2007
Mehr Bekanntheit für den niederländischen Dirigenten Willem van Otterloo als Komponist erwünscht
Der niederländische Musiker Willem van Otterloo (1907-1978) — langjáhriger Chefdirigent des Residentie Orkest (Haager Philharmoniker) — war in der ganzen Welt berühmt und hat viele Einladungen bekommen um als Gastdirigent aufzutreten. Obwohl man im eigenen Lande ganz gut gewußt hat dass dieser Musiker auch komponiert hat, und einige seiner Werke regelmäßig auf dem Programm der niederländischen Symphonieorchester von Groningen bis Maastricht standen, genoss dieser Aspekt seines Wirkens jedoch in den anderen Teilen der Welt wohl weniger Bekanntheit.
Deshalb ist es eine gute Sache dass die Niederländische Programm Stiftung (NPS), im Zusammenarbeit mit dem Musikzentrum Rundfunk fünf Werke von Van Otterloo ausgewählt hat für eine cd mit etwahin 70 Minuten Van Otterloo-Musik, die von Challenge vertrieben wird.
Bei vier dieser Kompositionen handelt es sich um Originalwerke aus zwei Jahrzehnten —etwa 1938 bis 1958—, das fünfte stammt aus 1952 und ist eine Bearbeitung für Orchester eines Klavierduetts von Franz Schubert.
Het Radio Kamer Orkest (RKO) — auf der cd Netherlands Radio Chamber Orchestra genannt — wird von Micha Hamel (geboren Amsterdam 1970) geleitet, soweit es die vier Originalkompositionen betrifft. Thierry Fischer (vom BBC Welsh Orchestra und ab April 2008 auch Dirigent des Nagoya Orchestra) kümmert sich um die Schubert-Bearbeitung von Willem van Otterloo.

Obwohl der Text im Büchelchen vieles bietet an interessante Informationen, die übrigens alle in englischer Sprache aufgenommen sind und größtenteils hervorragend übersetzt worden sind ist und bleibt es uvezelich dass diese Leute den Namen des eigenen Landes leugnen sobald die in einer Fremdsprache über die Niederlande berichten. Kann man es Ausländern — in ester Linie wohl deutschsprachigen Leuten — dann noch verdenken, dass die immer noch nicht wissen dass es seit fast zwei Jahrhunderten auf dieser Welt keinen Staat namens Holland gibt.

Willem van Otterloo: Symphonietta for triple woodwind and four horns (1943), Suite for String Orchestra (1938?), Intrada for brass instruments and percussion (1958), Serenade for 12 brassplayers, harp, piano, celesta and percussion (1944).
Franz Schubert: Fantasia in F minor, opus 103, 940, orchestrated by Willem van Otterloo (1952).
RADIO KAMER ORKEST (Netherlands Radio Chamber Orchestra), conductors Micha Hamel, resp. Thierry Fischer. CHALLENGE Classics CC 72180.

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Freitag, 7. Dezember 2007
Richard Wagners Oper 'Tristan und Isolde' aus der Mailander Scala am 7. Dezember live auf Arte
Am Freitagabend 7. Dezember wird, wie jedes Jahr, in Mailand die neue Opernsaison eröffnet. Erst im Dezember weil am 7. den Namenstag des Schutzheiligen der Stadt, Ambrosius, gefeiert wird. Die Saison in der Scala wird zum ersten mal eröffnet in Anwesenheit von Kameras des Bayerischen Rundfunks und von Arte.
Zwischen 19:00 Uhr und Mitternacht wird die Oper Tristan und Isolde in drei Abschnitten mit zwei Pausen, beide von etwa einer halben Stunde, gesendet. Am Schluß, ab Mitternacht, folgt dan noch eine Gesprächsrunde, ebenfalls aus Mailand.
Die Hauptrollen werden gesungen von Ian Storey, Tenor, und Waltraud Meier, Sopran. Regie führt Patricia Carmine und die Inszenierung ist von Patrice Chéreau. Chor und Orchester der Mailander Scala werden dirigiert von Daniel Barenboim.
Als Wagner mit den beiden Eheleuten Ludwig und Wilhelmine Schnorr von Carolsfeld geprobt hat, wurde ihm schnell klar dass er über die Idealbesetzung für die beiden Hauptrollen verfügen konnte. Dazu kam dass der Dirigent Hans von Bülow — dem Wagner wohl sehr nachdrücklich Hörner aufgesetzt hat indem er mit dessen noch-Ehefrau Cosima ein Kind gezeugt hat, das den Namen Isolde tragen sollte und das just an dem Tag geboren wurde als die Orchesterproben begannen 10. April 1865.
Hans von Bülow hatte im Bezug auf das neue in gerade dieser Wagnerscher Musik soviel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen dass er in kurzer Zeit die Orchestermitglieder für dieses Gewebe aus Leitmotiven — was man bis Dato nicht gekannt hat — zu begeistern.
Die Uraufführung war geplant für den 15. Mai, doch im letzten Augenblick wurde Frau Schnorr heiser und musste die Premiere abgesagt werden. Das machte Wagner nicht wenig nervös da er gerade schon ein Konflikt mit dem König erlebt hatte. Doch der verfügte dass die Oper am 10. Juni im Hof- und Nationaltheater aufgeführt werden sollte, und sein Wille geschah.
Das ganze wird ihm wohl sehr gefallen haben, denn er hat seinen Raddampfer, mit dem er auf dem Starnberger See fuhr, den Namen Tristan gegeben. Die Reaktionen des Publikums und der Kritik waren geteilt, doch bei der vierten und gleichzeitig letzten Vorstellung, drei Wochen später, wurden Komponist, Dirigent und vor allem der Interpret der Tristan-Rolle mit umjubelt. Für Ludwig Schnorr von Carolsfeld sollte es ein tristes Ende nehmen. Drei Wochen später verstarb er plötzlich, und bis heute weiß man nicht genau woran.

NB In Programmheften konnte man lesen dass der Rundfunksender NDR Kulturschon ab 18:00 Uhr aus der Scala diesen Tristan senden wird. Infos vom NDR selbst ins Internet gestellt, nennen sogar schon 16:55 Uhr als Sendetermin. Es ist deshalb gut möglich dass es sich bei der TV-Übertragung um eine mit technischen Mitteln realisierte Verzögerung handelt.

Wir möchten Sie noch einmal auf den Wagner-Bildband von Walter Hansen hinweisen, den wir in der vergangenen Woche auf dieser Webseite schon vorgestellt haben:
http://kulturtempel.blogger.de/stories/981923/

Abbildungen
1. Dirigent Daniel Barenboim bei einer Orchesterprobe.
2. Das Ehepaar Ludwig und Wilhelmine Schnorr von Carolsfeld, fotografiert bei der Generalprobe von Tristan und Isolde im Mai 1865.
3. Dirigent Hans von Bülow.
4. König Ludwig II. mit seinem Raddampfer Tristan. (Ausschnitt aus einer größeren Abbildung.)

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Sonntag, 2. Dezember 2007
Multipercussionist Martin Grubinger mit seiner ganz eigenen, rhythmisch-musischen Weltsprache
"Am Anfang war der Rhythmus," soll der Dirigent und Pianist Hans von Bülow (1830-1894) gesagt haben. So jedenfalls hat es der niederländische Dirigent Charles de Wolff vor über dreißig Jahren behauptet als er ein Konzert mit den Schlagzeugern des Orchesters in Groningen — das übrigens das älteste Sinfonieorchester der Niederlande (seit 1862) ist — mit einigen Sätzen bei den Zuhörern eingeführt hat. Wenn man das Phänomen Rhythmus mit Schöpfungsdrang, -willen und -kraft in Verbindung bringen möchte, gibt es nicht viel was man gegen diese Behauptung ins Feld brengen könnte. Das hat sich am vergangenen Freitagabend in der NDR Talkshow mal wieder gezeigt.
Diese Gesprächsrunde die in den letzten Jahren alle zwei Wochen am Freitagabend zwischen 22:00 Uhr und Mitternacht über das Trauerbildschirm flimmert, hat im Laufe der Jahrzehnte das kantige weitgehend verloren, unter anderem weil es da fast nie mehr zu einem richtigen Schlagabtausch kommt. Und weil die beiden, leider allzu narzistischen, Gastgeber schon zu viel im Fernsehen erscheinen. Da gibt es einerseits diesen Jörg Pilawa, das unendliche Quiz-Oberhaupt des öffentlich-rechtlichen Deutschen Fernsehens, der allein schon deshalb nicht noch mehr in der Flimmerkiste herumgeistern sollte, doch dies immer wieder tun wird weil man ihn hineinprogrammiert — in erster Linie macht das wohl die Televisionsobrigkeit des NDR bzw. der ARD. Einerseits kann man denen das wohl weniger verdenken, weil er mit seinem attraktiven Äußeren eine große Anziehungskraft auf alle Geschlechter im Alter von acht bis einhundertundacht Jahren ausübt. Andererseits sollte man auch die Pluriformität in dieser Hinsicht nicht aus den Augen verlieren.
Neben Herrn Pilawa, der sein ursprüngliches Naturell vor Jahren schon in der Garderobe abgelegt und dort wohl vergessen hat, tritt da immer eine extrem selbstverliebte Plaudertasche namens Julia Westlake als Gastgeberin auf — eine kaum, bis mehr als überhaupt nicht, zu ertragende Schreckschraube.
Dennoch, wenn man von vorne herein weiß dass da ein großer Musiker auftreten wird, lässt man wohl einiges über sich ergehen. Dieser große Musiker ist Martin Grubinger, ein Schlagzeuger der Seinesgleichen nicht kennt. Zusammen mit einem Freund hat er bei dieser Gelegenheit einen Teil aus einer eigenen Komposition vorgestellt, die als Soundtrack für den neuen Film von Michael Verhoeven verwendet wird.

Auf die Frage ob das viele Schlagzeug — das nun einmal vor allem im Zusammenwirken, viel Lärm erzeugt — nicht eine allzu große Belästigung für die Nachbarn darstellt, hat Martin Grubinger erklärt dass er in Österreich auf dem Lande lebt und sich in seiner Nachbarschaft nur noch fünf Bauernhöfe befinden und es dazwischen ausschließlich Wiesen gibt mit Kühen. Dass diese armen Tiere darunter leiden sollen, kann man jedenfalls stark bezweifeln wenn man einmal erfahren hat dass die alle geradezu begeistert bei seinem Studio kommen und ins Fenster schauen wenn er probt oder spielt. Das zeigt mal wieder wie sehr Tiere im Hinblick auf ihre Intelligenz und auf ihr Gefühlsleben unterschätzt werden.

Sein hartes Üben — neun bis zehn Stunden am Tag — hat Martin Grubinger inzwischen zu einer großen Zahl an internationalen Konzerten verholfen. Bis jetzt sind das im Durchschnitt achzig soweit es die beiden kommenden Jahre betrifft. Komponisten schreiben inzwischen speziell für ihn, und gerade in diesen Tagen hat er zweimal einen Auftritt mit den Harmburger Philharmonikern unter Simone Young.

Das viele Üben und Spielen hat dafür gezorgt dass an seinen Händen und an einigen Stellen zwischen den Fingern eine ganze Menge Hornhaut sich verfestigt hat. Seine Bemerkung im Gespräch in der NDR Talkshow dass er schon davon gehört habe dass Frauen als erstes den Männern auf die Hände schauen und seine Schlußfolgerung "So gesehen, kann ich ins Kloster gehen", hat verständlicherweise fur Hilarität gesorgt.
Obwohl Martin Grubinger Jahrgang 1983 ist, hat er das Jungenhafte noch nicht verloren, und wir wagen es darauf zu hoffen dass er dieses Naturell festhalten kann.

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Freitag, 30. November 2007
Neue Bildbiografie über Richard Wagner
Morgen, am 1. Dezember 2007, wird offiziell das neue Buch vom famosen Wagner-Spezialisten Walter Hansen erscheinen das vom Deutschen Taschenbuch Verlag zum 125. Sterbetag des Komponisten und Theatermenschen Richard Wagner — am 13. februar 2008 — rechtzeitig an die Interessenten weitergegeben werden kann. Im Buchhandel ist die großformatige Taschenbuchausgabe schon seit etwa zwei Wochen erhältlich. Das schön gestaltete Buch enthält 180 Bilder, die zusammen eine vielseitige Biografie formen.
Der Pressebericht benutzt, in diesem Kontext wohl völlig zurecht, den Begriff der durchkomponierten Form, welche einen ganzen Kosmos vorstellt: Theaterzettel und auch handgeschriebene Mitteilungen, Partituren, Bühnenszenen, neben Porträts von Freund und Feind, Leute die Wagner unterstützt haben, Kollegen, Geliebte, Ehegattinnen, und, nicht zu vergessen Fotos und sonstige Bilder von Orten wo Wagner in den sieben Jahrzehnten seines Lebens gearbeitet und gewirkt hat.
Nicht nur Texte zum Bildmaterial gibt es in diesem Buch, sondern auch noch kurze erzählende Beiträge, die sich zwar im Prinzip auf das wesentliche in der Biografie beschränken, die jedoch auch dazu beitragen ein mehr farbiges Bild des vielseitigen, angebeteten wie abgestoßenen Künstlers und Antisemiten zu zeichnen. Im Wesentlichen beleuchtet das Bildmaterial den Menschen und Künstler Richard Wagner.
Im Rahmen dieses Buches findet man in knapp gehaltener Form alles was man braucht om sich ein übersichtliches Bild machen zu können von einem der einflußreichsten Komponisten der Musik- und Theatergeschichte — und somit auch ein Bild des Menschen Richard Wagner, der in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts mit seinem Gesamtkunstwerk von so nachhaltiger Wirkung in der Kulturgeschichte des Abendlandes im vergangenen Jahrhundert gewesen ist, und dies vorläufig wohl auch noch bleiben wird.

Walter Hansen: Richard Wagner — Sein Leben in Bildern
174 Seiten, großer Paperback mit 180 Abbildungen, Originalausgabe
Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Dezember 2007
ISBN 978-3-423-34457; Preis € 15,—
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Abbildungen
1. Vorderseite der neuen Bildbiografie über Wagner.
2. Autor Walter Hansen. Das neueste ist schon sein drittes Wagner-Bücher beim Deutschen Taschenbuch Verlag.

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Sonntag, 25. November 2007
Sarashwita, Hindu-Göttin der Musik
Göttin und Schirmherrin
Wenn in einem Kulturtempel die Rede sein darf von der Schirmherrin Cäcilia — die sich laut Text im vierten Satz von Mahlers Vierter Sinfonie, Das himmlische Leben "mit ihren Verwandten" im überirdischen befindet— kann man sich anderen Kulturen, mit ihren spezifischen Götterstrukturen, nicht verschließen, vor allem nicht wenn die auch eine lange Musik-Geschichte vorzuweisen haben.
Deshalb haben wir auch hier ein wenig Platz eingeráumt für die Ehegattin des Hindu-Gottes Brahman: Sarashwita, die in der fernöstlichen Mythoilogie als Göttin der Musik und der Studiegehandelt wird.
Was Sie hier abgebildet sehen, ist eine etwa zwanzig Zentimeter hohe, handgeschnitzte Holzfigur, die vor etwa zwei Jahrzehnten von einer Dritten Welt Organisation in relativ kleiner Auflage angeboten wurde.

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Freitag, 23. November 2007
Jonathan Biss eröffnet am 18. Januar in Groningen das niederländische Piano Festival 2008
Am 18 Januar 2008 wird der junge Amerikanische Pianist Jonathan Biss mit einem Recital das Piano Festival 2008 im Kulturzentrum De Oosterpoort in Groningen eröffnen. Es wird das einzige Konzert sein das dieser vielgerühmte Klavierspieler in dieser Periode in den Niederlanden gibt.
Das Programm dieses Abends besteht nur aus 'Wiener Beiträgen': zwei Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven und eine von Franz Schubert, also aus der wahren Wiener Klassik. Dazwischen wird Jonathan Biss Sechs kleine Klavierstücke, Opus 19 aus 1911, von Arnold Schönberg interpretieren, eine Komposition der Wiener Moderne.
(Mehr hierzu in Kürze)

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Dienstag, 13. November 2007
Anekdotisch (1) — Alphons Diepenbrock
Diepenbrock? — Im ersten Stock!
Als vor etwa einem viertel Jahrhundert ein Dirigent aus Wien von einem der niederländischen Sinfonieorchestern gebucht wurde, stand ein Werk des ausserordentlichen Komponisten Alphons Diepenbrock (1862-1921) auf dem Programm. Da der Dirigent kein Werk dieses Niederländers gekannt hat und sich vorher informieren wollte, damit er jedenfalls einen Eindruck vom Wesen und vom Oeuvre dieses Tonmeisters bekommen konnte bevor er sich mit den Musikern des Orchesters auseinandersetzen mußte, begab er sich in das größte Schallplattengeschäft der österreichischen Hauptstadt. Als er gefragt wurde ob man ihm helfen könne, fragte er "Haben Sie etwas von Diepebrock?" — "Unsere Popabteilung befindet sich im ersten Stock", lautete die unerbittliche Reaktion.
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Abbildung: Alphons Diepenbrock, Zeichnung aus 1985 von Jarko Aikens, Groningen, NL; Archiv von Heinz Wallisch.

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Dienstag, 6. November 2007
Bilder und Zeilen aus einem Poesie-Album 1888/89 (2)


Am Freitag 12. Oktober haben wir hier ein Poesie-Album aus den Jahren 1888/89 vorgestellt, in dem uns nicht nur einige Klebebilder gefallen haben, doch gerade die Schrift der Kinder von damals, die wohl heutzutage kaum noch einer lesen kann. Deshalb haben wir auch diesmal den Text in Druckbuchstaben hinzugefügt:

Am 7. Februar 1888 hat Hermann Tschirschnitz, wohnhaft in Rauschwalde, acht Zeilen, wenn wir seinen Wunsch, den Namen, den Ort und das Datum mitzählen. Richtige Poesie-Zeilen gibt es da nur vier, und die beinhalten folgenden Text:

So wie die Rosen blühen,

So blühe stets dein Glück

Und wenn du Rosen siehst

So denk an mich zurück

(Zum Andenken an d. Freund)


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